Ich bin ja sehr gespannt, ob Juan Amador mir sein nächstes Hausverbot erteilt – das wäre aber zuviel der Ehre für diesen kleinen, dreckigen Gastroblog.
Ein paar Wochen nach den Profis (Severin Corti, Gerhard Wasserbauer) schauen wir noch einmal in Amadors relativ neues Wirtshaus in Wien-Grinzing. Kosten uns durch "Zauberflöte" und "Fidelio". Und zumindest ich finde da einiges ziemlich Süßes, ziemlich Salziges und ziemlich Saures – für meinen kleinen, dreckigen Geschmack.
Aber sehen Sie selbst – vielleicht bekomm' ich ja auch nur wegen meiner Fotos einen Amadorschen Verweis. Oder wegen meiner wohl nicht durchgängig präzisen Erinnerung in den Bildtexten.

Kraftknödel
Am Anfang war das Knödelchen, und zwar eines voller Kraft: Ochsenschlepp im Germteig, schwer okay.

Tatare chinoise
Dem Beef Tatare tat der Ingwer ganz und gar nicht schlecht.

Schinkenessenz
Wachtelei als strammer Max auf dem Hochstand, dazu Schinkenessenz. Keine Klagen.

Knusperlachs
Hier wird es ernst (und sehr gut) im Menü Fidelio: Alpenlachs mit Knusperhülle (und ebenso knuspriger Haut daneben) in herrlich grüner Gurken-Dill-Essenz. Gratuliere meinem Gegenüber erstmals zur Wahl.

Kaviar süß-sauer
Mir war mein Einstieg in die Zauberflöte, sagen wir, offenbar zu schwierig. Erst die milchigsüße Wucht von Haselnusseis und Malzbrot (die Profis loben hier die Umami-Freude), der dagegen etwas verlorene Kaviar – und am Ende blieb mir eine essigkräftige Säure im Mund von diesem "Geeisten gemischten Satz", wie der Gang nun heißt.

The Teide is high
Der Kabeljau von Gegenüber schien mir ohne Fehl und Tadel, begleitet von Herzmuschelsud, Melanzani und – Lustenauer Senf.
Mehr noch als dessen traubenkern(öl)ige Masse freilich begeisterte meinen Mitesser hier die Weinbegleitung: Er hielt die Nase in sein Glas Vidonia von Suertes del Marqués aus Teneriffa und schnaufte über den prägnanten Feuerstein nur: "Der Teide!" The Teide is high. Zweifellos.

Zauberflötenzander
Mein Zauberflötenzander wirklich schön, gebettet auf Paprika und Amadorschen Gulaschsaft, behütet von einem Hauch Palffyknödel und fettem Lardo. Am End', muss ich wieder auf hohem Niveau meckern, blieb mir viel Salz im Mund.

Oh, Schneck!
Zieht hier womöglich eine Amadorsche Anspielung auf eine Weinbergschnecke ihre Spur? Und selbst wenn, das Tier setzt sich zusammen aus Kaisergranat, Kalbskopf, Spargel und Sauce Gribiche. Ich hab' nur den Kalbspresskopf erwischt und maße mir daher kein Urteil an, mein Gegenüber schien hoch zufrieden.

Petersiliendecke
Hier freilich fand ich mein "Herzbries" (Bries, hätt' ich gsagt) mit Jakobsmuschel und Pastinake spannender, die gemeinsam in petersiliger Suppe und unter einer tiefgrünen Petersiliendecke stecken.

Lamm drüber
Fidelios Lammrücken mit Artischocken und Morcheln von gegenüber indes entscheidet meine Hauptgang-Wertung eindeutig für sich – auch wenn mir seine schwarze Olivenhülle ein bisschen zu dominant daherkam.

Süße Taube
Nichts jedoch sind die Oliven gegen den Purple Curry um meine Taube (die meinem einfachen Geschmack auch etwas zu durchgebraten schien).
Gut, ich hätte damit rechnen können, dass es ein Gang mit Mango und Kokos darauf anlegt, das Dessert vorzuziehen. Mir war die viel gelobte "Mieral Taube" halt ein gutes Stück zu süß, sorry.

Quel Fromage!
Keine Beschwerde, nur eine Feststellung: Der – ausdrücklich rausoptierbare – Käsegang (Fromagerie zu Riegersburg) ist ein mittlerer Gewaltakt an dieser Stelle. Aber ein durchaus erfreulicher. Soll mir ja keiner posten, dass er oder sie nachher zum Würstelstand geht!

Rübenziegel
Bei den Desserts hat die Zauberflöte – aus meiner bescheidenen Sicht – gewonnen. Und wenn Amador noch so schlüssig rote Rübe, Himbeere und Tonkabohne zum "Brick in the Wall" komponiert.

Salzkaramell
Große Oper zum Schluss, selbst für mich Dessertverächter, Motto: Wenn ich einmal von Salzkaramell schwärme! Dazu Schokolade und Kaffee in allerlei Erscheinungsformen. Schön.

Aplomb
A propos schön, fehlen noch die Petits Fours, hier zum Beispiel "geeiste Steine", gefüllt mit "Yogurette" – erfrischt auch die Plomben.

Hühnerhautschoko
Das tun die schmucken Zuckerkaramells in Grün (Dille) und Rot (Rote Rübe) mit Wasabi mit fühlenden Zahnoberflächen – mir waren sie einfach zu süß. Durchaus spannend die kleinen Schokoladerippen im Hintergrund – mit knuspriger Hühnerhaut und Schweinepopcorn. Rechts noch solide Cannelés, falls doch noch wer ein bisserl hungrig wär'.
Nun doch noch die Greisslerei
Und wenn ich doch kein Hausverbot bekomm, muss ich mir doch noch die Greisslerei im vorderen Teil des Döblinger Amador ansehen. Mit etwas bodenständigerem Zugang – und offenbar auch ziemlich zufriedenem Publikum. (Harald Fidler, 10.5.2016)
Amadors Wirtshaus und Greisslerei (Link zur etwas eigenen Seite)
125 pro Menü, 85 für die Weinbegleitung