Donnerhall zum Abschied: Dietrich Mateschitz stellt Servus TV ein.

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Zum Abschied gab es kein leises Servus, sondern einen Donnerhall. Dieser Liebesgruß – nicht aus Moskau, sondern aus dem Salzkammergut – zum internationalen Tag der Pressefreiheit war atemberaubend. Der österreichische Privatunternehmer Dietrich Mateschitz hat am 3. Mai das Aschenkreuz über seine mediale Spielwiese Servus TV geschlagen. Die Begründung des Oligarchen vom Fuschlsee: Die Bemühung mancher Angestellten, einen Betriebsrat zu installieren, sei auch Anlass für das Aus von Servus TV gewesen. Darf das wahr sein? Leider ja. Wahr ist auf jeden Fall, dass Mateschitz dies so darstellt. Seine Freunde sagen übrigens Didi zu ihm.

Mitarbeiter auf der Straße

264 Mitarbeiter wurden schon flugs beim AMS als Arbeitslose angemeldet und stehen nun einfach von heute auf morgen auf der Straße. 264 loyal arbeitende, hochqualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Was machen sie nun da unten im Dirndlland, in das sie samt Familien des Jobs wegen übersiedelt sind? Gezwungenermaßen sind sie jetzt Teilnehmer von Salzburger Festspielen ganz eigener Art – ohne jeden Pomp und jedes gesellschaftliches Trara.

Vorsichtshalber und kuschelweich hatten sich viele schon im Vorhinein von dem Projekt Betriebsrat distanziert, genutzt hat ihnen das nicht. Ebenso wenig existenzsichernd sind ihre jetzigen Hinweise, dass sie eh dagegen waren. Mehr denn je ist dies ein Beweis dafür, wie wichtig und notwendig Betriebsräte sind. Betriebsräte sind eine arbeits- und demokratiepolitische Errungenschaft, nicht eine Schande. Schändlich ist nur, wenn Arbeitgeber in ihren Untergebenen keine Menschen mehr sehen.

Begräbnis-Statements

Die Anerkennung durch den Arbeitgeber kann und darf nicht von einer Personalpolitik namens Günstlingswesen abhängen, die Effizienz eines Teams nicht nach solchen Kriterien qualifiziert werden. Heißt es nicht, die Würde des Menschen ist unantastbar?

Das Lamento ist groß. Zu Wort melden sich in den unvermeidlichen ersten Reaktionen vor allem Politiker mit den üblichen Begräbnis-Statements. Von einem großen Verlust für die österreichische Medienlandschaft ist da die Rede. Hervorgehoben wird die hohe Qualität des Programms und der Bewunderungswerte Charakter des Senders. Andere nehmen das Servus-Aus zum Anlass, dem öffentlich-rechtlichen ORF eins auszuwischen – irgendwie widerlich.

Herr Mateschitz wiederum meint, er habe in den Sender Servus TV falsch investiert. Falsch investiert wurden damit auch gut 12 Millionen Euro staatliche Förderungen. Dies ist die Summe jener Fördergelder, die Servus TV seit 2010 erhielt. Dies ganz legal entsprechend der RTR-Aufschlüsselung. Puls 4 bekommt übrigens auch nicht weniger. Warum Servus TV trotz aller Lobeshymnen nicht mehr Beliebtheit und damit Reichweiten in Österreich verzeichnen konnte, steht auf einem anderen Blatt.

Red Bull verleiht nicht nur Flügel

Ganz überraschend kam der Absturz für die Belegschaft nicht. Schon seit einiger Zeit war manchen klar, dass Red Bull nicht nur Flügel verleiht. Am Salzburger Ring hatten Didi Mateschitz und seine medialen Copiloten den Prototypen Servus TV Runde um Runde ausgetestet. Jetzt hat der Sender ausgedient. Das fuschelige Red Bull Mediahouse nähert sich der Zielgeraden. Dort winkt das Traumprojekt des ehrgeizigen Unternehmers: der internationale Kanal Global TV. Möge die Übung gelingen und nicht nur der Weg das Ziel sein.

Auf einen Teil der diesjährigen RTR-Fördergelder wird Herr Mateschitz nun verzichten müssen. Doch was sind einige 100.000 Euro im Vergleich mit einem Gesamtvermögen von über 13 Milliarden US-Dollar. Für Oligarchen sind Summen in 100.000er-Höhe Peanuts – für die Arbeitslosen vom Fuschlsee ein Traum in Sachen Lebensunterhalt. (Rubina Möhring, 4.5.2016)