Ljubljana – Die geringere Besteuerung von Einkommen in Österreich im Vergleich zu Slowenien bildet den Hintergrund politischer Turbulenzen im Nachbarland. Grenzgängern aus Slowenien, die in Österreich arbeiten und im Steuerstreit mit der slowenischen Regierung Referenden als Druckmittel einsetzen wollten, schob Parlamentspräsident Milan Brglez einen Riegel vor. Die Opposition kritisierte das Vorgehen.

Slowenische Bürger, die in Österreich arbeiten und in Slowenien leben, liegen seit Jahren im Clinch mit den Behörden ihres Heimatlandes. Ihre Gewerkschaft, unzufrieden mit den Verhandlungen über Lösungen für die Besteuerung der Grenzgänger, beantragte Ende April serienweise Volksabstimmungen gegen mehrere Gesetze. Damit hätte sie ein Druckmittel in der Hand, denn ein Antrag verzögert das Inkrafttreten des Gesetzes – im besten Fall um einen Monat, im Fall einer tatsächlichen Volksabstimmung aber noch länger. Theoretisch könnten die Grenzgänger jedes vom Parlament verabschiedete Gesetz anfechten und somit das Gesetzgebungsverfahren lähmen.

Parlamentspräsident Brglez setzte dem vorerst ein Ende, indem er die Fortsetzung von Referendumsverfahren stoppte, obwohl diese laut Gesetz eigentlich so gut wie automatisch laufen sollten. Brglez stoppte etwa am Montag drei von insgesamt sechs Anträgen. Diese hatte die Grenzgängergewerkschaft Ende des Vormonats gegen verschiedene Gesetze eingereicht.

Rückendeckung

Es handelt sich um eine nie da gewesene Entscheidung des Parlamentsvorsitzenden. In der slowenischen Geschichte gingen bisher alle Referendumsinitiativen durch, solange sie den prozeduralen Bedingungen entsprachen. Brglez argumentierte, damit den Rechtsstaat vor "Erpressung und dem Gesetz der Straße" zu schützen und bekam Rückendeckung von mehreren Rechtsexperten. Die Grenzgänger missbrauchten die Möglichkeit von Referenden, indem sie serienweise Gesetze anfechten, die mit ihren eigentlichen Anliegen nichts zu tun hätten, kritisierte Brglez. Dass die Anträge mit den Verhandlungen über die Einkommensbesteuerung nicht wirklich etwas zu tun haben, räumte selbst die Grenzgängergewerkschaft freimütig ein.

Die konservative Opposition ging unterdessen gegen Brglez auf die Barrikaden und kündigte ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Politiker der Partei des modernen Zentrums (SMC) von Ministerpräsident Miro Cerar an. Sie wirft dem Parlamentschef vor, seine Kompetenzen überschritten zu haben.

Seit Jahren kämpfen slowenische Grenzgänger vergeblich dafür, dass sie für ihre in Österreich verdienten Gehälter nicht auch noch Steuern an den slowenischen Fiskus abführen müssen. Wegen der deutlich höheren Steuerbelastung in Slowenien müssen sie in ihrem Heimatland die Differenz zu der bereits in Österreich bezahlten Einkommensteuer zahlen. (APA, 4.5.2016)