Madrid – Bisher hatten Spaniens Sozialisten (PSOE) nur einen Gegner: die konservative Volkspartei (PP) von Noch-Regierungschef Mariano Rajoy. Bei den Neuwahlen am 26. Juni dürfte Oppositionsführer Pedro Sanchez aber mehr nach links als nach rechts schauen. Dort planen zwei Parteien (Podemos und IU) ein Wahlbündnis, das die Sozialisten als politische Linksalternative zu den Konservativen ablösen könnte.

Nachdem im April bereits die Mitglieder von Spaniens neuer Protestpartei Podemos (Wir können) "grünes Licht" gaben, haben am Donnerstag nun auch die Parteimitglieder der Vereinten Linken (IU) einem Wahlbündnis mit Podemos zugestimmt. Rund 85 Prozent der IU-Mitglieder sprach sich dafür aus, bei den vorgezogenen Neuwahlen eine gemeinsame Liste mit der "Empörten"-Partei zu bilden.

Chancen auf zweitstärkste Kraft

"Die Gefahr, dass dieses Linksbündnis die Sozialisten als zweitstärkste Formation im Parlament ablösen kann, ist durchaus real", erklärt auch der spanische Wahlforscher Jose Pablo Ferrandiz. Laut einer jüngste Umfrage seines renommierten Meinungsforschungsinstituts Metroscopia könnten Podemos und die Vereinte Linke bei den Neuwahlen gemeinsam auf 24,7 Prozent kommen, während die Sozialistische Arbeiterpartei (PSOE) nur knapp 20,3 Prozent der Stimmen beim Urnengang am 26. Juni erwarten dürfe.

Schon im Dezember erhielt Podemos bei ihrer ersten Teilnahme an Wahlen auf Anhieb fünf Millionen Stimmen und 69 Sitze und damit nur 300.000 weniger als die PSOE, die jedoch auf 90 Mandate kam. IU wurde von einer Million Spaniern gewählt, erhielt aufgrund des spanischen Wahlsystems aber nur zwei Parlamentssitze. Bei den nun bevorstehenden Neuwahlen darf das postkommunistische IU-Parteienbündnis allerdings davon ausgehen, seine Unterstützung von 3,7 auf fast 6,6 Prozent steigern zu können.

IU-Parteichef Alberto Garzon wollte bereits bei den vergangenen Parlamentswahlen am 20. Dezember ein solches Bündnis mit Podemos eingehen, scheiterte allerdings an Podemos-Gründer Pablo Iglesias, der eine Art Alleingang bevorzugte.

Nachdem jedoch Koalitionsverhandlungen mit den Sozialisten scheiterten und die konservativen Wahlsieger auf der rechte Seite auch keine Mehrheit fanden, musste König Felipe VI. am Dienstag – vier Monate nach den Wahlen – das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Da neben den Sozialisten auch Podemos leichte Stimmverluste hinnehmen dürfte, will Iglesias nun auf ein Wahlbündnis mit den Postkommunisten eingehen.

Vize-Premier angeboten

Bis zum 13. Mai müssen die Wahllisten vorliegen. Nach der Absegnung durch die Sympathisanten und Parteimitglieder dürfe einem solchen Bündnis aber nun nichts mehr im Wege stehen. Iglesias bot Sozialistenchef Sanchez sogar bereits den Posten des stellvertretenen Ministerpräsidenten in einer von ihm geführten Linksregierung an. "Podemos und die Vereinte Linke werden wohl kaum nach Neuwahlen über eine ausreichende Parlamentsmehrheit verfügen und brauchen die Stimmen der Sozialisten. Sollte Iglesias dabei die Sozialisten an Stimmen überholen, kann er mehr Forderungen stellen als bei den gescheiterten Koalitionsverhandlungen", erklärt Wahlforscher Ferrandiz.

Die Verhandlungen mit den Sozialisten waren vor allem an Iglesias Forderungen nach einem Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien und einer Vielzahl wichtiger Ministerien gescheitert. Zudem wollte PSOE-Chef Sanchez die wirtschaftspolitisch konservativen Liberalen (Ciudadanos) in eine Mitte-Linkskoalition integrieren, was auf vehementen Widerstand von Podemos traf und schließlich in einem Regierungspakt zwischen Sozialisten und Liberalen endete, der aber über keine ausreichende Mehrheit verfügte. (APA, 5.5.2016)