Wer sagt denn, dass nur in kalifornischen Garagen am nächsten großen Ding gebastelt wird. In Freistadt haben drei Brüder innovative Batteriesysteme für E-Motoren ausgetüftelt.

Foto: Kreisel Electric

Mittlerweile wurden schon einige Fahrzeuge "elektrifiziert".

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Der erste richtige Auftrag kam aus China: Ein in Deutschland gebautes Carbon-Fahrzeug – mittlerweile firmiert das Prozent unter dem Namen ID-Taxi.

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Die Brüder beim Spatenstich für die neue Fabrik in Rainbach. 2017 sollen hier schon "die Funken sprühen".

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Wien – In Fachkreisen sind sie eine Berühmtheit, im Mühlviertel noch ein bisschen so etwas wie eine Garagenfirma. Auf rund 800 Quadratmetern werken die Brüder Kreisel, Markus, Johann und Philipp, in Freistadt derzeit noch. Was die drei in Sachen Akkutechnologie für E-Mobilität mit ihrer Kreisel Electric GmbH binnen zwei Jahren auf die Beine gestellt haben, zieht Fachleute aus aller Welt in den Norden Oberösterreichs.

Das Batteriesystem, bei den Herstellern eine der großen Schwachstellen in Sachen E-Mobilität, brachten sie quasi als Hobby, und wie sie selbst sagen "mit Hausverstand", einen guten Schritt voran. Auf E-Mobilität kamen die Brüder, einer Elektroniker, einer Maschinenbauer, einer Marketingfachmann, praktisch nebenbei. Vor fünf Jahren hatte sich der Vater einen strombetriebenen Renault Fluence gekauft.

Tesla-Auto: Zurück an Absender

"Damals hat ja keiner ein E-Auto gekannt", sagt der 37-jährige Markus Kreisel. Die Jungmänner aus Freistadt haben davon schon gar nichts gehalten. "Bis ich mich selbst ins Auto gesetzt und gesehen habe, dass der wegzieht wie ein Sportwagen." Da kamen auch die jungen Kreisels auf den Geschmack – und wie könnte es anderes sein: auf den Tesla. Kurzerhand wurde einer geordert – und wieder abbestellt.

Das hat wohl auch mit dem Job des Vaters als örtlicher Elektrohändler zu tun: "Uns wurde klar, dass das Geld nach Amerika geht. Dabei kaufen wir jede Waschmaschine und jeden Staubsauger hier." Also begann man, sich hierzulande umzusehen. Nur: Was es da gab, gefiel den Mühlviertlern nicht so recht. Deswegen wurde zunächst einmal ein Audi A2 umgerüstet. Genau genommen wurde das Auto entkernt, Motor, Getriebe und Auspuffanlage herausgenommen. Elektromotor, Batterien, Wechselrichter und Steuerelektronik kamen stattdessen hinein.

Rundzellen statt Flachzellen

Verbaut wurden Rundzellen. 8000 am Stück zu einem Block verbunden. Solche Zellen sind nicht neu. Man findet sie auch im Elektrorasenmäher oder im Laptop. Die Konkurrenz setzt vielfach auf Flachzellen. Was dabei herauskam, ist Folgendes: Batteriesysteme, die deutlich kleiner und leichter sind als das, was derzeit auf dem Markt ist. Und das bei größeren Reichweiten und schnelleren Ladezeiten. Die Fachwelt honorierte das mit dem renommierten deutschen Energy-Award.

Die Frage, warum in der Garage gelingt, was Entwicklungsabteilungen der Autokonzerne bisher nicht geschafft haben, beantwortet Markus Kreisel so: "Die sind den einfacheren Weg gegangen." Runde Zellen sind schwieriger zu verbauen als flache, haben aber eine höhere Energiedichte. "Unsere Kernkompetenz ist die Batterieverbindungstechnik", sagt Kreisel. Während Tesla die Zellen durch Schweißen miteinander verbindet, werden sie in Freistadt per Laser zusammengefügt. Dadurch soll die nutzbare Kapazität gesteigert werden. Außerdem schwimmen die Zellen in einer Flüssigkeit, die für Kühlung und Beheizung der Batterien sorgt. Das soll einerseits die Reichweite, andererseits die Lebensdauer der Zellen steigern. 450 Kilogramm hat so ein Kraftpaket, 350 ein herkömmlicher Verbrennungsmotor mit Getriebe. Weil ein Elektromotor in etwa dreimal so energieeffizient ist, fällt das am Ende nicht ins Gewicht.

Porsche mit Elektro-Power

Weil das alles rund lief, wurde als Nächstes ein Porsche umgerüstet: 400 Kilometer Reichweite, eine Motorleistung von 200 Kilowatt und eine Ladedauer von zweieinhalb Stunden erregten auch das Interesse der Industrie. Andere Modelle folgten, mittlerweile wurde auch die Rutsche in den VW-Konzern gelegt. Skoda-Aufsichtsrat und VW-Aktionär Daniell Porsche hatte einen Skoda Yeti zur Umrüstung vorbeigebracht.

Der erste richtige Auftrag kam allerdings aus China, sagt Kreisel. Von einem Taxiunternehmer, der sein in Deutschland extra gebautes Carbonauto mit E-Mobilität ausrüsten ließ. "Der fährt jetzt in Peking Gäste durch die Stadt."

Nachfrage aus aller Welt

Nur dass keine Zweifel aufkommen, ohne Investitionen, Zeit- und Tüftelaufwand ging das nicht, sagt Kreisel: "Die Laseranlage hat 600.000 Euro gekostet. Wir hatten aber nichts zu verlieren, die anderen haben auf eine sichere Bank gesetzt." Technisch ist man in der Lage, Privatautos umzubauen, aber das dauert Zeit und kostet viel Geld – 200.000 bis 300.000 Euro. An Aufträgen mangelt es aber ohnehin nicht. Sie kommen aus Indien, China und überall sonst auf der Welt, neben Autos für Boote oder für Flugzeuge.

Und weil die Garage langsam zu klein wurde, erfolgte nun der Spatenstich für ein Entwicklungszentrum mit Fertigungslinie im nahen Rainbach. Hier wollen die Kreisels zeigen, dass im Großen geht, was im Kleinen funktioniert – und das auch wirtschaftlich. Zehn Millionen Euro werden investiert. Die Herstellungskosten für die bisher individuell angepassten Kleinserien mit bis zu 500 Exemplaren sollen in der komplett automatisierten Fertigungslinie sinken.

Im ersten Jahr wurden mit zwölf Mitarbeitern fünf Millionen Euro umgesetzt, im zweiten mit 27 Mitarbeitern 15 Millionen. Die neue Fabrik soll 2017 in Betrieb gehen. Investoren haben die Kreisels nicht an Bord. Könnte sein, dass sich das ändert, angesichts des Selbstbewusstseins der Mühlviertler: "Wir sind definitiv besser als Tesla und schaffen zehn Prozent mehr Effizienz.'" (Regina Bruckner, 9.5.2016)

Anm.: Anders als ursprünglich behauptet, setzt auch Tesla Rundzellen ein. Der Artikel wurde dahingehend korrigiert.