Bei Kontoüberziehungen seien die Zinsen trotz der Niedrigzinsen auf dem Geldmarkt nur wenig gesenkt worden, kritisiert die Arbeiterkammer.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien – In Zeiten des Niedrigzinses sprudeln die Einnahmen für die heimischen Banken längst nicht mehr wie früher. Das bekommen nun auch die Kunden zu spüren. Einen deutlichen Hinweis darauf, dass Institute die Gebührenschraube anziehen, liefert ein aktueller Kontenvergleich der Arbeiterkammer. Ein durchschnittliches Gehaltskonto ist demnach im Vergleich zum Vorjahr um ein knappes Viertel teurer geworden und kostet rund 108 Euro pro Jahr. Das sind rund 20 Euro mehr als noch bei der letzten Erhebung im Jänner 2015.

Für den Vergleich wurden insgesamt 40 Gehaltskonten bei 17 Filial- und Onlinebanken herangezogen. Die Annahme: ein Normalnutzer mit 280 Buchungen pro Jahr ohne Kontoüberziehung. Die Kosten für ein Gehaltskonto betragen in diesem Szenario jährlich zwischen null ("Easy Gratis" der Easybank und "Hello Gehaltskonto" der Hello Bank) und 315,26 Euro ("BTV-Gehaltskonto" der Bank für Tirol und Vorarlberg). Die AK räumt ein, dass teurere Kontomodelle im Schnitt mehr Leistungen als die günstigeren enthalten, etwa eine oder mehrere Kreditkarten.

Zudem werden nur Angebote für Neukunden berücksichtigt. Als mehrjähriger Bestandskunde einer Bank genießt man in der Regel bessere Konditionen, so AK-Konsumentenschützer Martin Korntheuer. Ihm zufolge dürften die Banken fehlende Möglichkeiten der Preisgestaltung für bestehende Kunden mit einer stärkeren Preisdifferenzierung bei Neukunden ausgleichen.

Die vielen unterschiedlichen Gebühren – etwa Kontoführungsentgelte oder Buchungsentgelte für Transaktionen am Schalter, per Karte oder online – machen es für Kunden schwierig, den Überblick zu behalten und Angebote zu vergleichen. "Man muss fast schon ein Profi sein, um im Gebührendschungel die Übersicht zu behalten", sagt Korntheuer.

Mehr Angebot für mehr Geld

Ob die großen Preisunterschiede je nach Angebot gerechtfertigt sind, darüber gibt die Erhebung keinen Aufschluss. Fest steht, dass der Anstieg der Kontokosten wesentlich höher ausfällt als noch in den Jahren zuvor.

Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, hält dagegen. In Österreich gebe es im Vergleich zu anderen EU-Ländern ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. In den vergangenen Jahren seien viele Dienstleistungen dazugekommen, beispielsweise günstigere grenzüberschreitende Transaktionen und elektronische Zahlungsmöglichkeiten. Auch immer höhere Ausgaben für Sicherheitsvorkehrungen müssten abgedeckt werden, so Rudorfer.

Überdies gebe es ein breites Spektrum an Angeboten. Die Auswahl für Kunden sei in den vergangenen Jahren gewachsen, sowohl was die unterschiedlichen Produkte heimischer Banken als auch was neu dazugekommene Finanzinstitute angeht.

Ein besonderer Dorn im Auge sind der AK die hohen Zinsen für Kontoüberziehungen. Mit im Schnitt zehn Prozent seien diese angesichts der niedrigen Leitzinsen am Geldmarkt viel zu hoch, kritisieren die Konsumentenschützer und fordern eine Regulierung. Denkbar sei, die Zinsspannen, also die Aufschläge auf den Refinanzierungszins, zu deckeln.

Konkret verlangen die Banken für Überziehungen sechs Prozent ("Classic Konto" der Austrian Anadi Bank) bis 13,50 Prozent ("Gehaltskonto" der Vakif Bank). Für Guthaben gibt es hingegen kaum noch etwas: Sie werden im Durschnitt nur mehr mit 0,05 Prozent verzinst.

Konsumenten rät die AK, den vielfach gegebenen Verhandlungsspielraum bei den Zinsen möglichst auszunutzen. Außerdem solle man sich die Konditionen des persönlichen Kontos genau ansehen und versuchen, mit entsprechendem Zahlungsverhalten zu sparen. So wird etwa empfohlen, Barbehebungen und Bareinzahlungen möglichst nicht am Schalter zu erledigen, denn das könne teuer kommen. Bankomaten sind – noch – die billigere Variante. Einmal mehr bekräftigte die Arbeiterkammer in diesem Zusammenhang ihre ablehnende Haltung gegenüber Bankomatgebühren.

Kreditnehmer im Nachteil

Auch in Deutschland werden Bankangebote aktuell unter die Lupe genommen, speziell für Verbraucherkredite. Die Finanzaufsicht will mit einer Umfrage herausfinden, ob Banken systematisch Kunden benachteiligen, indem sie bei Krediten Zinsänderungen mit ungerechtfertigter Verzögerung weitergeben. Verbraucherschützer kritisieren oft, Institute würden Zinssenkungen bei Sparprodukten schnell weiterreichen, sich bei der Anpassung der Kreditzinsen aber Zeit lassen. (Simon Moser, 10.5.2016)