Straßburg – Das Europaparlament verweigert bis auf Weiteres Beratungen über die von der Türkei geforderte Visa-Liberalisierung für türkische Staatsbürger. Diese Entscheidung des zuständigen Parlamentsausschusses für bürgerliche Freiheiten und Justiz gelte so lange, bis die Türkei alle 72 Vorbedingungen für eine visumfreie Einreise erfüllt habe, sagte ein Parlamentssprecher am Dienstag in Straßburg.

Dazu gehören auch Änderungen der von der EU heftig kritisierten türkischen Anti-Terror-Gesetze. Diese Änderungen hat Präsident Recep Tayyip Erdogan jedoch nachdrücklich abgelehnt. Die Visa-Liberalisierung ist für die Türkei eine Vorbedingung für die weitere Umsetzung des mit der EU geschlossenen Flüchtlingsabkommens, das unter anderem die Rücknahme von illegal nach Griechenland eingereisten Flüchtlingen vorsieht.

Erst am Dienstag hat Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat türkischen Grenzbeamten vorgeworfen, auf syrische Flüchtlinge zu schießen und sie zu misshandeln.

Erdogan will Visa-Freiheit für Türken erst "spätestens im Oktober"

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat womöglich das mit dem EU-Flüchtlingspakt verknüpfte Ziel aufgegeben, schon ab Ende Juni Visa-Freiheit für seine Bürger zu erreichen: Er wünsche die Aufhebung der Visums-Pflicht für den Schengenraum für "spätestens Oktober", sagte Erdogan am Dienstag in Ankara.

Im November hatten die türkische Regierung und die EU-Staats- und Regierungschefs verabredet, die Visums-Pflicht für Türken im Oktober aufzuheben, sollte Ankara bis dahin 72 Kriterien erfüllt haben. Als Gegenleistung für die Rücknahme aller neuen Flüchtlinge von den griechischen Inseln verlangte Ankara dann im Frühjahr unter anderem, dass das Datum für den Fall des Visums-Zwangs auf Ende Juni vorgezogen werde. Die EU ging darauf ein, verlangt aber weiterhin, dass die 72 Kriterien vorher erfüllt sein müssen.

Hinsichtlich der Visa-Freiheit hätten die Europäer "vorher" versprochen, dass diese spätestens Ende Oktober diesen Jahres komme, sagte Erdogan am Dienstag. "Ich hoffe, dass sie ihr vorher gegebenes Wort halten und dass sie spätestens im Oktober einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehen." (APA, 10.5.2016)