Wien – "Um die Spannung wegzunehmen, ich trete nicht zurück". Andreas Gerstenmayer, Vorstandschef des börsennotierten Leiterplattenherstellers AT&S startet launig mit der Präsentation der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2015/16 in Wien. Was er sich vom nächsten Bundeskanzler wünscht, deckt sich mit den Wünschen der Industrie allgemein: "Wir brauchen eine Regierung die versteht, dass es eine industrielle Basis braucht und man diese fördern und unterstützen muss", sagte er bei der Bilanzpressekonferenz.
Derzeit ortet Gerstenmayer Stagnation in Österreichs Wirtschaftspolitik. "Wir haben große Mühe international mitzuhalten". Hierzulande werde es dank Stillstand in der Bildungspolitik auch immer schwieriger, hochqualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen, der Kapitalmarkt friste überhaupt ein Nischendasein. Gleichzeitig seien die Wünsche der Arbeitgeber nach einer Flexibilisierung der Arbeitszeiten ein "absolutes Tabuthema".
Leiterplattenmarkt geschrumpft
Was das abgelaufene Geschäftsjahr betrifft, zeigt sich Gerstenmayer trotz durchwachsener Bilanz zufrieden. Insgesamt ist der Leiterplattenmarkt im abgelaufenen Geschäftsjahr um vier Prozent geschrumpft. AT&S hätte mit einer Umsatzsteigerung um 14,4 Prozent auf 762,9 Millionen Euro "das erfolgreichste Jahr der Unternehmensgeschichte" hinter sich gebracht. 24 Prozent des Umsatzes werden in Deutschland und Österreich, sechs Prozent in Resteuropa, 56 Prozent in Amerika und bereits 14 Prozent in Asien erwirtschaftet. Wobei es in den letzten zehn Jahren laut Gerstenmayer hier eine deutliche Verschiebung gab. "Vor rund zehn Jahren wurden noch 56 Prozent in Westeuropa erwirtschaftet." Was die Zahl der Mitarbeiter betrifft, so kamen in China rund 1200 dazu. Insgesamt beschäftigt AT&S rund 8700 weltweit. In Österreich hat sich die Zahl seit 2008 auf etwa 1300 halbiert.
Schwache Nachfrage im Computer- und Consumer-Segment
Was die einzelnen Divisionen betrifft, so fällt die Bilanz durchaus unterschiedlich aus. Die Hauptursache für den Marktrückgang ist die schwache Nachfrage im Computer- und Consumer-Segment. Fernseher, Kameras, Tablets, Notebooks und Desktop wurden deutlich weniger nachgefragt. Wachstumstreiber bleiben Smartphones. Der Markt wächst immer noch um zehn Prozent. Auch der Markt für Industrieelektronik verzeichnete einen Rückgang. Stabil blieb der Bereich Medizinelektronik-Anwendungen.
Aufgrund des Starts des neuen Werks im chinesischen Chongqing gab das Betriebsergebnis (Ebit) um 14,6 Prozent auf 77 Millionen Euro nach. Bereinigt um das China-Projekt wäre das Ebit deutlich über den Vorjahreswerten gelegen. Auch das Konzernergebnis verschlechterte sich von 69,3 auf 56 Mio. Euro. Der Gewinn je Aktie reduzierte sich von 1,78 Euro im Vorjahr auf 1,44. Was die Zukunft betrifft, so sind es laut Gerstenmayer die Themen Internet der Dinge, Digitalisierung, Industrie 4.0, Kommunikation und Mobilität, die den Markt in Bewegung halten. "Aber das eine große Ding gibt es nicht, sondern viele verbundene Smarte Dinge."
Bleibt die Entwicklung stabil dann soll es ein Umsatzwachstum von zehn bis zwölf Prozent geben. Die höheren Abschreibungen von zusätzlich rund 40 Mio. Euro jährlich für Chongqing werden aber das Ebit weiterhin deutlich beeinflussen. (rebu, 10.5.2016)