Wien – In einem 1.200 Kilometer langen Bogen strecken sich die Alpen über den Kontinent, und auch wenn Europas höchste Gipfel weiter westlich aus der Gebirgskette ragen, ist ihr nordöstlichster Punkt ein strategisch wertvoller. Am Leopoldsberg, wo die letzten Alpenausläufer in Wiens Norden steil zur Donau abfallen, zeugen Funde von einer Höhensiedlung bereits in prähistorischer Zeit. Im 12. oder 13. Jahrhundert wurde hier auf 425 Metern Seehöhe eine erste hölzerne Befestigung erbaut, von der aus weite Teile des Wiener Beckens zu überblicken waren.

Nach der Zerstörung der Burg durch die Osmanen im 16. Jahrhundert ließ Kaiser Leopold I. 1679 an ihrer Stelle jene Kirche errichten, die noch heute auf Wien herabschaut – und die von der Gegenperspektive aus selbst zum markanten Blickfang wurde. 1720 entstand nach Plänen Antonio Beduzzis daneben ein schlichtes Schloss. Beides fiel 1787 an das Stift Klosterneuburg, das das Ensemble immer wieder Pächtern überließ.

Kein Kanalanschluss, keine Nutzung

Bis 2007 unterhielt ein Gastronom das Ausflugsrestaurant "Burg Leopoldsberg" auf der Burg. Wegen des fehlenden Kanalnetzes und des fortschreitenden Verfalls wurde diese Nutzung eingestellt. Die Augustiner Chorherren verpachteten die Burg samt Baurecht für 100 Jahre an den Architekten Alexander Serda. Serda plante ein Hochtzeitshotel und ein Restaurant und sperrte das Areal recht bald nach der Unterzeichnung des Pachtvertrags.

Auch das Gotteshaus, das zwar nicht Teil des Abkommens war, aber innerhalb der Festungsmauern liegt, war fortan nicht mehr öffentlich zugänglich. Zwar ließ das Stift ein sogenanntes Servitutsrecht festhalten, das die Nutzung für Messen und kirchliche Veranstaltungen erlaubt. Ein öffentliches Zugangsrecht gibt es aber nicht, wie Chorherren-Sprecher Walter Hanzmann zum STANDARD sagt. Dass niemand illegal einsteigt, soll eine Security-Streife verhindern.

Bröckelnde Fassaden und Bürgerproteste

Zwar ließ Serda nach langen bauhistorischen Erforschungen durch das Bundesdenkmalamt händisch einen mehrere hundert Meter langen Kanal im steilen Gelände anlegen und ein Nachbargebäude renovieren, das als Seniorenresidenz genutzt werden soll. Doch der kulturhistorisch bedeutsame Festungsbau schien äußerlich weiter dem Verfall preisgegeben; die Fassaden bröckelten ab, und Bürgerproteste vor allem aus dem Anrainerbezirk Döbling verhallten. Nun aber ist eine teilweise Wiedereröffnung der Burg am Leopoldsberg auch als Ausflugsziel greifbar.

Eine Terminabmachung zwischen Stift und Serda sieht vor, dass Ende 2017 zumindest wieder Zeremonien wie Hochzeiten und Taufen sowie Konzerte in der Kirche stattfinden können, sagt Hanzmann. Neben Serdas Plänen für die Instandsetzung der Infrastruktur nimmt auch das Stift 50.000 Euro in die Hand, um die von der Pfarre Nussdorf mitbetreute Kirche zu renovieren. Drei Monate Arbeitszeit sind im nächsten Sommer dafür eingeplant.

Archäologische Funde könnten Arbeiten verzögern

Langfristig sollen auf der Burg neben Festsälen ein Archiv und drei Ausstellungsräume zur Geschichte des Leopoldsbergs entstehen. Die gesamte Anlage soll wieder frei zugänglich werden. Wann das sein wird, lässt sich nach heutigem Stand nicht seriös beantworten. Der Renovierungsaufwand ist groß; das Gelände ist Natura-2000-Gebiet, und die Gebäude sind nach allen Regeln der Denkmalpflege geschützt. Selbst wenn die Bagger auffahren, wäre es keine Überraschung, wenn diese im Erdreich auf Artefakte früherer Epochen stoßen. Dann müssen die Wiener Stadtarchäologen entscheiden, wie lange die Bauarbeiten zum Freilegen der Funde unterbrochen werden. (Text: Michael Matzenberger, Fotos: Gianluca Wallisch, 11.5.2016)

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Foto: Gianluca Wallisch
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