Michael Häupl.

Screenshot ORF-TVthek

Werner Faymann ist abgetreten. Selbst wohlmeinende Kommentatoren haben das Wirken des Kanzlers aus Wien-Liesing nie unter Genieverdacht gestellt. Nicht recht erklärlich bleibt dennoch der akute Mangel an Inspiration, unter dem der aktuelle Dienst des ORF litt.

Immerhin war Faymann mit seiner Abschiedsrede ein Coup gelungen. Als Einziger gewachsen war ihm in diesen Minuten tiefer roter Niedergeschlagenheit Wiens Bürgermeister. Der fegte durch die Hallen des ehrwürdigen Parlaments. Wünsche und Anregungen des Parteivorstands hatte er zu einer dünnen Papiertröte zusammengerollt. Die Aussicht, Reinhold Mitterlehner die rund sechswöchige "Kanzlerschaft" zu vermasseln, ließen den schweren Mann zart und leichtfüßig wirken. Da hätte Rudolf Edlinger noch lieber seinen Hund die Wurst bewachen lassen! Mitterlehner Kanzler? Häupl erhob das grazile Händchen und sprach: "Hallo, I bin's!" Dann schob er sich von dannen, ein kerniges "Pfiat eich!" auf den Lippen.

Das übrige rote Spitzenpersonal wirkte demgegenüber schaumgebremst oder glänzte durch Abwesenheit. Wo war Josef Cap? Der feilt im Stillen an den Statuten der SPÖ. Das Motto dieser Stunden lautet eher: Nicht blöd herumschreien. Zuhören, ins Glas schauen. Der ORF interviewte ein paar Weinbeißer in der Ottakringer 10er-Marie (Gerhard Zeiler ist gebürtiger Ottakringer). Die Basis? Bleibt eisern gelassen. Kern oder Zeiler? Sie wartet auf Caps neues Statut. Peter Filzmaier sprach in der "ZiB 2" eine deutliche Warnung aus. Der künftige SP-Kanzler könne sich, wenn's blöd läuft, wie ein "zu weicher Autoreifen abnützen". Und das einem ÖBB-Manager! (Ronald Pohl, 10.5.2016)