Peter Kaiser, studierter Soziologe und Pädagoge, ist seit März 2013 SPÖ-Landeshauptmann von Kärnten.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

STANDARD: Angenommen, Werner Faymann wäre, wie man noch am Wochenende den Eindruck haben konnte, mit Mehrheitsbeschluss geblieben? Seine innerparteilichen Gegner hätten wohl nicht klein beigegeben, oder?

Kaiser: Ich glaube, Werner Faymann hat sich das selber auch gedacht. Ich habe noch am Vorabend mit vielen Parteifreunden in ganz Österreich telefoniert, und alle haben dasselbe gemeint: Im Wesentlichen liegt der große Schlüssel, um aus dieser Krise zu finden, beim Parteivorsitzenden selbst. Dass er zum richtigen Zeitpunkt diese Entscheidung getroffen hat, hatte hohe Qualität.

STANDARD: Wie haben Sie eigentlich die Momente des Rücktritts erlebt?

Kaiser: Als er kurz nach zwölf Uhr zu unserer Runde der Landesparteivorsitzenden stieß, habe ich natürlich gespürt, dass diesmal alles ganz anders ist. Er teilte uns kurz mit, dass er mit sofortiger Wirkung Kanzlerschaft und Parteivorsitz zurücklegt und das unumstößlich sei. Dann ging er zum Bundespräsidenten. Es gab kein großes Nachfragen in der Runde mehr. Seine Entscheidung verdient höchsten Respekt. Ich meine, ein Bundeskanzler bist du ja nicht jeden Tag, das ist kein normaler Job, sondern ein Lebensinhalt, dem du alles andere unterordnest. Er hat diesen Abgang mit Grandezza gemacht und sich in keiner Weise noch quergestellt.

STANDARD: Wird es eine einhellige Zustimmung für den neuen Parteivorsitzenden geben, oder droht ein Lagerkampf? Es formieren sich ja bereits Fangruppen für Gerhard Zeiler und Christian Kern?

Kaiser: Ich weiß, dass Michael Häupl genau darauf schaut und daher die Frist sehr eng gesetzt hat, damit es zu keinem Ausbruch von Wahlkämpfen oder Lagern kommen wird.

STANDARD: Die Mehrheit der Länder tendiert ganz offensichtlich, gestützt auch schon durch erste Beschlüsse, zu Christian Kern?

Kaiser: Die Kärntner SPÖ spricht sich auf meinen Vorschlag hin auf alle Fälle für Christian Kern aus. Ich kenne ihn sehr lange und habe ihn auch in seiner Funktion als ÖBB-Chef schätzen gelernt. Wir haben für Kern bereits einen einstimmigen Beschluss gefasst. Ich kenne Gerhard Zeiler nicht näher, kann ihn auch nicht politisch beschreiben.

STANDARD: Wird es so etwas wie ein Hearing, ein Assessment-Center, geben, dem sich die beiden Kandidaten stellen müssen?

Kaiser: Warum nicht? Wir werden das noch abklären müssen.

STANDARD: Neben der Personalentscheidung wartet ja die zweite offene Baustelle: die FPÖ. Die Partei ist hier hoffnungslos gespalten, und es bedarf wohl noch einer längeren Diskussionsphase.

Kaiser: Ich glaube, ein striktes Ja oder Nein zur FPÖ oder eine Beibehaltung der Ausgrenzung ist zu kurz gegriffen. Es wird einen eher pragmatischen Koalitionsmodus geben müssen, der für alle Parteien, nicht nur für die FPÖ, gelten soll. Entscheidend ist, wo eine Koalitionsfrage entsteht. Dann kann man festlegen, wer über Koalitionen entscheidet, der Parteivorstand, ein Parteirat, der Parteitag oder die Parteimitglieder. Solche Mechanismen gehören im Parteistatut verankert. (Walter Müller, 10.5.2016)