Sofia/Athen – Der Präsident sagt Nein, der Premier war sich sowieso nicht sicher, und am Ende wird das Verfassungsgericht noch den Rest kippen: Seit Wochen beherrscht eine Reform des Wahlgesetzes die politische Debatte in Bulgarien. In einem Acht-Parteien-Parlament gibt es dazu eine erwartungsgemäß große Palette an Ansichten und Sonderwünschen. Nun hat auch noch eine der kleinen Regierungsparteien wegen der Wahlreform ihren Rückzug aus der Koalition in Aussicht gestellt. Arbeits- und Sozialminister Iwailo Kalfin, einer der Vizepremiers von der linken Splitterpartei ABV, reichte am Dienstag schon einmal seinen Rücktritt ein.

Für die Änderungen des Wahlgesetzes gibt es ein großes Motiv: die notorisch niedrige Wahlbeteiligung der Bulgaren. 51 Prozent nahmen an der Parlamentswahl im Herbst 2014 teil. Doch die Nichtwähler sind unterschiedlich verteilt. Ethnische Bulgaren bleiben eher zu Hause als türkischstämmige Bulgaren. Letztere gelten als disziplinierte Wähler der Geschäftsleute-Partei Bewegung für Rechte und Freiheiten (DPS).

Stimmabgabe in der Türkei

Die elektronische Stimmabgabe über das Internet schien deshalb ein Mittel, um die Wahlbeteiligung junger Bulgaren zu erhöhen. Beschränkungen bei der Stimmabgabe im Ausland ein anderer Weg, um die vielen DPS-Wähler, die in der Türkei leben und arbeiten, zu behindern.

Staatschef Rossen Plewneliew legte sein Veto gegen diese Beschränkungen ein. Premier Boiko Borrisow erklärte, er sei ohnehin nicht damit einverstanden gewesen. Jetzt debattiert das Parlament erneut. Borrisows Mehrheit aber schmilzt auf fünf Stimmen. (mab, 11.5.2016)