Foto: Christoph Fuchs / © Erich Sokol Privatstiftung
Foto: Christoph Fuchs / © Gerhard Haderer
Grafik: Christian Denayer

Krems – Des Karikaturisten Tagwerk ist es, Zeitgeschehen pointiert und satirisch zugespitzt anschaulich zu machen. Momentan würde gut dazu passen, den scheidenden Kanzler in jenem Mobil zu karikieren, mit dem er sein Amt verlässt – anders als jenes, mit dem er dort eingefahren war, hat es wohl keine Krone als Kühlerfigur. Oder SP-Interimschef Michael Häupl. Im Fiaker zwischen Rathaus und Parteizentrale Löwelstraße? Oder per Raumschiff, mit Rotverschiebung, Dopplereffekt?

Kreisky und der Austro-Porsche

Als seinerzeit Bruno Kreisky im Zusammenhang mit dem Automobil der Zunft vor die Feder lief, sah das etwa so aus: Dieter Zehentmayr beweint 1977 mit Krokodilstränen Kreiskys Totgeburt Austro-Porsche. Der Kanzler hatte weiland der darob wie Espenlaub zitternden Autobranche angedroht, in Österreich werde man Autos entwickeln und bauen, die ein Leben (nicht: Autoleben; schon: Benutzerleben) lang halten würden, ohne auseinanderzufallen.

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Was der Karikaturist nicht ahnte: Der Flop wurde über Umwege ein großer Erfolg, denn in der Folge siedelten sich etliche Autohersteller und -zulieferer in der Alpenrepublik an, Stichworte: Opel-Motorenwerk in Aspern, Chrysler Voyager aus Graz, und heute ist die Branche einer der wichtigsten Arbeitgeber im Lande.

130 Jahre Automobil

Dem Umstand, dass das Auto heuer 130 Jahre jung ist, trägt das Karikaturmuseum Krems mit Kult auf 4 Rädern – das Auto im Comic und in der Karikatur (bis 15. Jänner 2017) Rechnung, Zehentmayrs Kari ist eine von 50 gezeigten, etwa die Hälfte davon stammt "aus der eigenen Sammlung, der Rest aus Privatbesitz", erläutert Gottfried Gusenbauer, Direktor des Hauses – und mit bisher rund 25.000 Besuchern sei dies eine sehr erfolgreiche Themenschau.

Foto: Andreas Stockinger

Kabinettspolitik

Gezeigt werden die Exponate im Ironimus-Kabinett, doch bevor man dieses betritt, skizziert ein Wandtext kurz, was den Besucher erwartet; ebenfalls dort zu sehen ist die hübsche Modellautosammlung "SiniCars" des Karikaturisten Sinisa Pismestrovic, von dem sich auch eine Arbeit im Kabinett findet. Auf einem Bildschirm an selbiger Wand weitere Arbeiten namhafter Cartoonisten, darunter solche von Standard-Karikaturist Oliver Schopf, und bei der Niederschrift dieser Fakten positioniert sich gerade ein älterer Herr vor den Bildschirm und kommt ins Schmunzeln. "Famos!", meint er zu seiner ebenfalls sichtlich amüsierten Frau. Im Kabinett drinnen dann reihenweise ähnlich erheiterte Besucher.

Foto: Andreas Stockinger

Zeitlich und thematisch weit gespannt ist der Bogen der Schau, von enthusiastisch bis kritisch; er reicht sogar noch vor das eigentliche Automobil zurück – den Auftakt setzt ein Cugnot-Dampfwagen (1760er-Jahre) von Wilfried Zeller-Zellenberg (1955) und endet mit der VW-Abgasaffäre: Jürgen Janson, Volles Programm (2015).

Dazwischen echte Klassiker des Genres. Etwa Paul Floras Sportwagen für einen älteren Damenfreund (1957), eine deftige Hommage auf die erste Autoausfahrt überhaupt, am 5. August 1888 unternommen von Bertha Benz, Frau jenes Carl, der mit seinem Patent-Motorwagen Nr. 1 vor 130 Jahren, 1886, das Automobil erfunden hat.

Grafik: Christoph Fuchs / © Diogenes Verlag AG Zürich und Nachlassvertretung Paul Flora Galerie Seywald und Galerie Flora

Ein hinterfotziges Gaudium auch, wie Erich Sokol und Gerhard Haderer sich 1975 und 1984 des Lauda-Kults annehmen. Oder, letztes Beispiel einer ungerechten Auswahl, Nicolas Mahlers Verkehrszeichen für Spinner, wo aus "Seitenwind" "Vorsicht Zeitloch" wird und aus "Fahrbahnverengung" ein "Paralleluniversum voraus". Als besonderes Leckerli erwähnt sei noch die Auto-Comic-Sammlung des Wiener Architekten Rochus Kahr. "Vroooooooar." (Andreas Stockinger, 14.5.2016)