Wien – Mit "unglaublicher Euphorie" sei Karin Bergmann in die laufende Burg-Saison eingestiegen. Die Freude über den Einsatz, den die heimische Zivilgesellschaft in der "Flüchtlingskrise" gezeigt hat, ist einer gewissen Ernüchterung gewichen. Das Motto der Spielzeit 1916/17 ist ein strammer Blankvers. Er stammt aus Goethes Torquato Tasso und lautet: "Ja es umgibt uns eine neue Welt!"

So neu diese Welt auch anmutet, theatralisch begegnet man ihr vorwiegend mit den großen, gesicherten Stoffen. Auf die Übernahme von Becketts Endspiel (Regie: Dieter Dorn) aus Salzburg folgt im September Shakespeares Coriolan (Regie: Carolin Pienkos, mit Cornelius Obonya) und eben besagter Tasso in der Inszenierung von Martin Laberenz. Ferdinand Schmalz, der schon über einer Neudichtung des Jedermann sitzt, steuert das Lustmörderstück der herzerlfresser bei.

Auf der großen Burgtheaterbühne wird sich Andreas Kriegenburg der berüchtigten Pension Schöller annehmen. Weitere Spielzeithöhepunkte sind eine Aufbereitung des Visconti-Films Ludwig II. (Bastian Kraft) sowie Martin Kusejs Neudeutung von Millers Hexenjagd (beide im Dezember).

Die Zusammenarbeit mit Herbert Fritsch mündet in eine Komödie der Irrungen nach Shakespeare. Jan Bosse macht sich im Akademietheater über Flauberts Roman Bouvard et Pécuchet her (Februar). Nach einem Abendmahlprojekt für Frauenstimmen (u. a. von Terézia Mora und Sofi Oksanen) untersucht man Aischylos' unverwüstliche Orestie (Antú Romero Nunes) in der Burg (März 2017). Georg Schmiedleitner inszeniert Nestroys Liebesgeschichten. René Pollesch kehrt mit Carol Reed an das Akademietheater zurück. Zum Saisonausklang untersucht Michael Thalheimer Aischylos' Die Perser.

Die "Junge Burg" ist der "Offenen Burg" gewichen. Im Wege einer Grenzerweiterung will man nach "Transdanubien" hinausgehen und aktiv Grätzelerkundung betreiben. Andrea Breth soll 2017/ 18 wieder inszenieren.

Die Ticketerlöse sind leicht gestiegen, ein kleines Plus in der Anzahl der Produktionen verdankt man sorgfältigen Budgetumschichtungen. Die Auslastung mit 77 Prozent ist stabil – stabiler jedenfalls als die politische Wetterlage. Bergmanns Vorschläge lauten: Teilen und "downshifting". (poh, 13.5.2016)