Elisabeth B. Tambwe befasst sich mit den Einflüssen der Vorstellung auf Reales.

Foto: Stefan Roehrle

Wien – Der Spiegel im Gemälde zeigt König Philipp IV. und seine Angetraute, Maria Anna. Diego Velázquez' Las Meninas ("Die Hoffräulein", 1656) ist eine Bühne, vor der sich eine lebhafte Diskussion unter Kunsthistorikern abspielt: Ist der Spiegel ein solcher, oder handelt es sich um ein an der Wand hängendes, gemaltes Doppelporträt des Königspaars?

Die Choreografin und Performerin Elisabeth Bakambamba Tambwe hat sich für die Spiegelthese entschieden, womit sie in die weitere Debatte eingreift: Zeigt der Spiegel das Paar selbst oder jenes Bild, das der Maler, der sich in Las Meninas selbst verewigte, gerade in Arbeit hat? Aber keine Sorge, Tambwe wird in ihrem neuen Stück nicht zur Kunstgeschichtlerin. Vielmehr geht es ihr über Velázquez hinaus um das Verborgene im Sichtbaren und die Einflüsse der Vorstellung auf das sogenannte Reale.

Einbildungen als solche sind immer real, auch wenn eingebildete Objekte es meist nicht sind: Es kommt allerdings auch vor, dass jemandem, der etwas Reales erkennt, attestiert wird, er oder sie würde sich das nur einbilden. Beobachter stehen eben auch selbst unter Beobachtung.

Wie bei Elisabeth B. Tambwe, deren Publikum sich unter anderem dabei zusieht, wie es durch einen Spiegel geht – ein berühmtes Thema, siehe Alice hinter den Spiegeln von Lewis Carroll oder Jean Cocteaus Film Orphée.

Las Meninas setzt dort an, wo der Philosoph Georges Didi-Huberman eine Metapsychologie des Bildes entdeckt hat: "Was wir sehen, blickt uns an". Das Vorhaben der risikofreudigen Wiener Künstlerin mit kongolesischer Herkunft verspricht das "tragisch-komische Rollenspiel" eines zersplitterten Körpers zu werden. Und das für ein Publikum ab 16 Jahren. (Helmut Ploebst, 17.5.2016)