In Plastik Verpacktes im Plastiksackerl nach Hause transportieren: Zwei Autorinnen fordern in ihrem Buch nicht nur politische Rahmenbedingungen, sondern auch ein individuelles Umdenken der Konsumenten.

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Wien – Die Paradeiser und Äpfel liegen in einer Kartontasse und sind mit Plastik ummantelt. Das Mineralwasser in PET-Flaschen ist noch einmal in Plastikfolie verpackt. Sogar die Gurke ist eingeschweißt. Am Schluss türmt sich ein Berg an Verpackungsmaterialien in der Küche. Ein Szenario, das für viele Menschen zum Einkaufen dazugehört. Auch im Badezimmer befinden sich fast alle Produkte im Plastikbehältnis. Die Menge des für ein Recycling gesammelten Plastikmülls nahm 2015 um 0,8 Prozent auf 156.000 Tonnen zu, wie eine Hochrechnung der ARA zeigt.

Doch nicht alles landet im Mistkübel. Bis zu acht Millionen Tonnen Plastikmüll gelangen weltweit jedes Jahr in die Weltmeere. Doch so weit müssen die Österreicher gar nicht blicken: In der Donau zwischen Bratislava und Wien schwimmen einer Studie aus dem Vorjahr zufolge mehr Plastikteilchen als Fischlarven. Die europaweite Untersuchung "Plastik in der Donau" zeigt, dass jedes Jahr rund 40 Tonnen Plastik über die Donau aus Österreich abtransportiert werden.

Eine aktuelle Maßnahme gegen den Anstieg des Plastikmüllbergs ist die EU-Plastiksackerl-Richtlinie. Für die Mitgliedsstaaten bedeutet sie eine verpflichtende Reduktion bis Ende 2019. Zudem sollen die kostenlosen Sackerln bis Ende 2018 verschwinden. Die Richtlinie wird jedoch von vielen Umweltorganisationen als zu schwach kritisiert. Denn die dünnen Obstsackerln sind von der Verordnung ausgenommen. Der jährliche Verbrauch an Tragetaschen aus Plastik in Europa wird laut EU-Kommission mit 100 Milliarden Stück beziffert. Die große Mehrheit davon, rund 89 Prozent, werde nur einmal verwendet.

Selber aktiv werden

Auch für die Designerin Anneliese Bunk greifen die politischen Maßnahmen zu kurz. Daher versucht sie selbst, Plastikmüll weitestgehend zu vermeiden. Gemeinsam mit der Journalistin Nadine Schubert hat sie den Ratgeber "Besser leben ohne Plastik" geschrieben. "Es ist sehr einfach, selbst aktiv zu werden", sagt Bunk.

Einige Tipps klingen auf den ersten Blick zeitaufwendig und mühsam. So erscheint es wenig reizvoll, seine Putzmittel, Peelings oder das Müsli selbst herzustellen. Für viele Produkte müssen Alternativen gefunden werden. Denn wer einmal zu recherchieren beginnt, entdeckt überall Plastik. Sogar in der Zahnpasta sind oft Mikropartikel enthalten. Bunk sieht es pragmatisch: Sie teile sich die Zeit einfach anders ein als früher. Denn um Plastikverpackungen zu sparen, macht sie nun lieber Großeinkäufe: "Wir bestellen etwa einen Jahresbedarf an Produkten wie Klopapier oder Seife. Die Verpackung ist kompakter, und da man nicht so oft einkaufen gehen muss, spart man Zeit." Die investiere sie eben lieber in die Herstellung eigener – unverpackter – Produkte.

"Keine Aussteiger"

Insgesamt sei der Prozess komplett auf Plastik zu verzichten relativ schnell abgelaufen, sagt sie: "Die ersten 60 Prozent verschwanden innerhalb eines Monats." Bei Themen wie Wasch- oder Geschirrspülmittel hätte sie jedoch erst recherchieren und experimentieren müssen.

"Wir sind keine Selbstversorger oder Aussteiger", beschreibt Schubert ihre vierköpfige Familie. Das Sammeln des Plastiks wird aber richtig zelebriert: Nur noch rund ein Kilo pro Jahr komme zusammen. Insgesamt habe die Umstellung Geld gespart, sagt sie: "Wir geben weniger aus, weil wir seltener einkaufen gehen." (july, 19.5.2016)