Daheim im Hause Rhesusaffe wäre man lieber Tochter als Sohn.

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Leipzig – Obwohl Säugetiere im Tierreich die Aushängeschilder in Sachen Mutter-Kind-Bindung sind, kann die Mutterliebe durchaus ungleich verteilt sein: Weibliche Rhesusaffen (Macaca mulatta) behandeln ihren männlichen Nachwuchs im ersten Lebensjahr aggressiver als ihre Töchter, wie Forscher des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig herausgefunden haben.

Eingeschränkte Bindung

Dass die Mutter-Kind-Bindung bei Rhesusaffen-Söhnen weniger stark ausgeprägt zu sein scheint, hat auch Folgen: Junge, aggressiv behandelte Männchen tendierten dazu, ihre Geburtsgruppe früher zu verlassen, berichtet das Team um Lars Kulik im Fachjournal "PLOS ONE".

Mit menschlichem Verhalten seien die Erkenntnisse aufgrund der unterschiedlichen Sozialstruktur nur bedingt vergleichbar, sagt Kulik. Allerdings sei auch beim Menschen bekannt, dass Gewalterfahrungen in der frühen Kindheit langfristig die Bindungsfähigkeit einschränken können.

Eindeutige Unterschiede

Die Primatologen untersuchten das Verhalten der Rhesusaffen auf Cayo Santiago, einer Insel nahe Puerto Rico. Die Wissenschafter beobachteten 26 Weibchen und 29 Männchen vom Zeitpunkt ihrer Geburt an. "Unsere Ergebnisse zeigten, dass Mütter sich ihrem Nachwuchs gegenüber recht unterschiedlich verhalten", resümiert Kulik.

"Söhnen brachten sie im ersten Lebensjahr entschieden mehr Aggression entgegen als Töchtern." Und das erste Lebensjahr sei für die Entwicklung des Sozialverhaltens der Tiere besonders wichtig.

Wegen der größeren Nähe zur Mutter sei die Bindung der weiblichen Jungtiere gefestigt. Die Weibchen bleiben später ja auch in der Gruppe und sind auf starke Bindungen angewiesen. Die männlichen Rhesusaffen hingegen verlassen ihre Geburtsgruppe, wenn sie im Alter von etwa vier Jahren geschlechtsreif sind. Und diejenigen, die von ihren Müttern besonders aggressiv behandelt wurden, gehen früher als Artgenossen, die es leichter hatten. (APA, red, 19. 5. 2016)