Werner Faymann, hier an der Seite von Eva Dichand bei der Eröffnung des "Heute"-Newsrooms im Jahr 2009, pflegte seine Freundschaften.

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Auf die Regierungsinserate angesprochen, sagte der neue Bundeskanzler im ZiB 2-Interview, mit dem Thema habe er sich noch nicht auseinandergesetzt. Christian Kern wäre gut beraten, das bald nachzuholen, denn die Fütterung von Boulevardmedien war in der Ära Faymann zentraler Bestandteil einer Medienpolitik, die – abgesehen davon – weitgehend stillstand.

Auffallendste Aktivität war das Schalten von Inseraten, was Werner Faymann bereits vor seinem Kanzleramt zur Gewohnheit geworden war. In den Jahren als Verkehrsminister sollen die staatseigenen Unternehmen ÖBB und Asfinag dazu gedrängt worden sein, groß angelegte Werbekampagnen mit dem Konterfei des jetzigen Kanzlers in diesen Boulevardmedien zu schalten. Der Vorwurf lautete, dass die Höhe der öffentlichen Gelder Einfluss auf die redaktionelle Berichterstattung in diesen Medien hatte. Alle Beteiligten dementierten die Vorwürfe.

Wenn es nötig war, schaltete Faymann auch selbst, "Auftrag laut Herrn Faymann" stand dann auf der Rechnung, etwa der Asfinag. Der Dringlichkeit wegen konnte es schon passieren, dass die Verantwortlichen von den Inseraten erst nach dem Erscheinen erfuhren.

Medientransparenzgesetz

Ergebnis dieses als "ÖBB-Affäre" in die Republiksgeschichte eingegangenen Skandals war ein Medientransparenzgesetz. Seit Inkrafttreten Mitte 2012 gab die öffentliche Hand jährlich rund 200 Millionen Euro für Inserate und Werbung aus. Die größten Spendierhosen tragen regelmäßig Kanzleramt und SPÖ-Ministerien. Den Löwenanteil streichen Krone, Heute und Österreich ein.

Gefördert werden damit Medien, die in der Kritik des Presserats ganz oben stehen. 90 Prozent der Rügen des Selbstkontrollorgans betreffen also Boulevardmedien, die nicht Mitglied des Kontrollgremiums sind, aber den Großteil der Inserate öffentlicher und staatsnaher Unternehmen kassieren.

Die 200 Millionen Euro sind nach Meinung des Rechnungshofs sogar noch zu niedrig angesetzt, weil Bagatellbeträge unter 5000 Euro gar nicht gemeldet werden müssen. Ein Drittel bis die Hälfte der Werbeaufträge würde gar nicht erfasst.

Freundschaften mit Medienmachern

Faymann selbst gelobte in seiner Amtszeit als Bundeskanzler mehrmals Besserung. Viel war davon bis zuletzt nicht zu bemerken. Wohl auch, weil sich solcherart gepflegte Freundschaften mit Verlegern und Medienmachern nicht so einfach aufkündigen lassen. Legendär war der Ruf des "begnadeten Netzwerkers" Faymann, der sich mit dem verstorbenen Krone-Herausgeber Hans Dichand ebenso gut verstand wie mit dem Österreich-Chef Wolfgang Fellner, den er noch aus Rennbahn-Express-Zeiten kannte. Den Draht zu Eva Dichands Heute legte er über deren Gründungsgeschäftsführer Wolfgang Jansky, der viele Jahre Faymanns Pressesprecher war.

All das hatte zur Folge, dass Österreich unter der Regierung Faymann in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen um vier Plätze hinunterpurzelte und nunmehr auf Rang elf liegt. Mit ein Grund war die Inseratenpolitik: Der Kanzler erkaufe sich wohlwollende Berichterstattung, lautete der Vorwurf. Eine tiefgreifende und nach Expertenmeinung dringende Reform der Presseförderung blieb unterdessen liegen. (prie, 18.5.2016)