Hatten saudische Prinzen ihre Hände im Spiel, als entführte Flugzeuge in die New Yorker Zwillingstürme und das Pentagon krachten? Handelten die Terroristen mit Unterstützung durch offizielle oder auch nur halboffizielle Netzwerke des Königreichs? Seit dem 11. September 2001 stehen die Fragen im Raum. Sie drängen sich schon deshalb auf, weil 15 der 19 Attentäter aus Saudi-Arabien stammten. Lange hat die amerikanische Politik akzeptiert, was an Erklärungen aus Riad kam: dass es keinerlei Beweise für derartige Verwicklungen gebe, zumal die saudische Königsfamilie selber auf Kriegsfuß mit Al-Kaida stehe. Das scheint sich gerade zu ändern. Ein Votum des US-Senats ist ein Indiz für den Stimmungswandel.

Nicht nur, dass die Angehörigen der 9/11-Opfer direkt gegen den Wüstenstaat klagen können, falls der Kongress das zu erwartende Veto des Präsidenten mit Zweidrittelmehrheit überstimmt: Vielleicht kommt damit eine Lawine ins Rollen, womöglich wird das ganze Kapitel noch einmal von Anfang bis Ende unter die Lupe genommen. Als das US-Parlament die Hintergründe der 9/11-Anschläge untersuchte, blieben 28 brisante Seiten unter Verschluss. Passagen, die – soweit es Insider vorsichtig andeuten – offenbar infrage stellen, dass es keine Verbindungen saudischer Amtspersonen zu den Hijackern gab. Setzt sich die Legislative mit ihrem jetzigen Vorstoß durch, wäre es nur logisch, dass sie als Nächstes die Freigabe der geheimen Lektüre zu erzwingen versucht. Das alles sind Anzeichen eines Prozesses fortschreitender Ernüchterung.

Obendrein hat das Atomabkommen mit dem Iran dazu beigetragen, alte Freund-Feind-Bilder zu relativieren. Mit dem Deal verbindet sich ein Bedeutungsverlust für ein Land, in dem die USA nicht nur ihren wichtigsten Verbündeten in der arabischen Welt sahen, sondern lange auch einen Stabilitätsfaktor im Nahen Osten. (Frank Herrmann, 18.5.2016)