Die Schweizer Telekombranche möchte ihren Kunden bald Filter gegen unerwünschte Werbeanrufe anbieten. Dies ist das Resultat eines Runden Tisches, den die Konsumentenschutzorganisationen initiiert haben. Solche Werbeanrufe sind bereits seit vier Jahren verboten.

Am 1. April 2012 trat die Revision des Gesetztes gegen unlauteren Wettbewerb in Kraft. Diese ist zahnlos geblieben, denn seitdem wanderten viele Callcenter ins Ausland ab, "und nicht unbedingt in Nachbarländer", wie Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS), sagte.

Nur seriöse Callcenter blieben oder halten sich an die neuen Regeln. Diese drohen mit einer Freiheitsstrafe, wenn man Menschen mit unerwünschten Werbeanrufen belästigt, die sich im Telefonbuch mit einem Sternchen davor schützen wollen. Nur Unternehmen, die mit "Sternchen"-Leuten schon Geschäfte machen, dürfen noch anrufen.

Dennoch riefen auch die andern Firmen an – morgens, abends, an Wochenenden. Früher musste mit einem Werbeanruf nur rechnen, wer ein Festnetztelefon hatte. Doch nun trifft es auch Handynutzer.

Die Nummer auf dem Display stammt aus der Schweiz. Doch die Anrufer sitzen im Ausland, denn auch Unternehmen im Ausland dürfen Schweizer Telefonnummern erwerben. Für die Strafverfolger ist oft nicht zu ermitteln, wer die schwarzen Schafe sind.

Betroffene mögen lästige Telefonwerbung nicht mehr hinnehmen, wie Zahlen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) zeigen: 2015 verdoppelten sich die Beschwerden im Vergleich zum Vorjahr auf rund 28.000.

Abmahnungen

Das Seco mahnte deswegen 4 Unternehmen ab und gegen 28 reichte es Strafklage ein. Gegen weitere 5 ergingen Strafbefehle oder Strafurteile. In 12 Fällen jedoch musste die Justiz das Handtuch werfen.

Das Seco kann selbst bei den Telekomanbietern ansetzen und mit rechtlichen Schritten drohen. So schaffte es das Seco mehrmals, dass ein Schweizer Anbieter einem Callcenter "missbräuchlich verwendete Rufnummern" entzog, wie es auf seiner Website schreibt.

Die Konsumentinnen und Konsumenten haben die Nase voll. Unerwünschte Werbeanrufe würden "in großen Teilen der Bevölkerung als Ärgernis empfunden", schreiben die Schweizer Konsumentenorganisationen am Mittwoch in ihrer Mitteilung zum Runden Tisch.

Der Ärger wurde auch in Bern gehört: Bei der laufenden Revision des Fernmeldegesetzes sollen die Regeln gegen Werbeanrufe verschärft werden.

Einwände

Die Telekomfirmen berufen sich darauf, dass sie per Gesetz verpflichtet sind, alle Gespräche durchzuleiten. Auf den Einwand, dass diese Pflicht mit dem Verbot unerwünschter Werbeanrufe kollidiere, sagte Swisscom-Sprecher Armin Schäedeli: "Die Anbieter können nicht unterscheiden, welcher Anrufer eine bestehende Kundenbeziehung hat und welcher nicht." Und damit, was erlaubt und was verboten ist.

Seit letztem Herbst nun brütete man gemeinsam an einer Lösung: Auf der einen Seite des Tisches sassen SKS, Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen, Bundesamt für Kommunikation und SECO, auf der anderen Seite Salt, Sunrise, Swisscom, UPC (früher Cablecom), VTX sowie der Callcenter-Branchenverband CallNet.ch.

Resultat: Sunrise, Swisscom und UPC versprachen, eine Lösung zu suchen. Swisscom wird voraussichtlich zu Jahresende, UPC in einem Jahr eine solche anbieten können. Bei Sunrise dürfte es länger dauern.

Die Unternehmen wollen den Kunden Werkzeuge anbieten, mit Hilfe derer sie Filter aktivieren können gegen unerwünschte Werbung per Telefon. Dies zu entwickeln brauche Zeit, weil man einen "möglichst hohen Schutz bieten" wolle, erklärte Swisscom die lange Dauer. Die Filter müssten alle Anwendungsfälle abdecken. (APA, 19.5.2016)