Mariahilfer Straße in Wien: Autos haben hier keinen Platz.

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Wien – Die Zahl der Autozulassungen ist im Vorjahr europaweit um rund neun Prozent gestiegen, Österreich lag mit einem Plus von 1,7 Prozent weit darunter. Angesichts dessen zeigt sich Gregor Strassl, Vorstandschef der Denzel-Gruppe, mit dem abgelaufenen Jahr zufrieden. Der Autohändler und Autoimporteur mit 18 Marken im Sortiment konnte im vergangenen Jahr das "historisch zweitbeste Ergebnis" erwirtschaften, "obwohl die Rahmenbedingungen nicht gerade positiv waren". Der konsolidierte Konzernumsatz stieg um rund vier Prozent auf knapp 650 Millionen Euro, unterm Strich blieb ein Gewinn von 10,6 Millionen. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit belief sich auf 14,4 Millionen Euro.

Das Vorjahr hakt Strassl als Jahr der Extreme ab. Ölpreisverfall und extreme Zinslandschaft gehört für den Chef des größten privaten Autohändlers auf die positive Seite. Bankenkrise, Rekordarbeitslosigkeit, Grexit- und Brexit-Szenarien zählt Strassl auf der Negativseite auf. Hausgemachte Probleme wie tricksende Automobilhersteller gehören für den Denzel-Chef aber nicht dazu: "Die Kunden sind bestens informiert und lassen sich von solchen Nachrichten nicht bremsen."

Steigende Stadt-Land-Kluft

40.000 Autos hat Denzel im Vorjahr verkauft, rund 1.700 weniger, dafür teurere und besser ausgestattete als im Jahr davor. Rund 60 Prozent des Geschäfts macht Denzel mit Autos, dazu kommen Bankgeschäfte und Immobilien. Geht es nach Strassl, bleibt der Autohandel der wichtigste Bereich. Für ihn liegt es aber auf der Hand, dass auch die Steuerbelastung in Österreich einen Beitrag dazu leistet, den Konsumenten die Kauflust zu verleiden. "Wir haben zwar keine Krise im Autogeschäft, aber seit 2011 einen schleichenden Rückgang von jährlich rund fünf Prozent."

In Zukunft sieht Strassl eine steigende Kluft zwischen Wien und den ländlichen Regionen. Er rechnet damit, dass in den kommenden zehn Jahren die Schere weiter auseinandergeht. Auf dem Land brauche man das Auto künftig umso mehr, weil die Infrastruktur weniger werde. "Dort sperrt die Post zu, der Fleischhauer, das Dorfgasthaus, die Leute brauchen dort ein Auto." Dementsprechend wurde im Vorjahr ein BMW-Betrieb in Tulln zugekauft.

Steigende Anforderungen

Der Autohandel selbst sei ebenfalls um Umbruch, die Anforderungen würden komplexer. "Alleine BMW hat 50 verschiedene Modelle, die kann man nicht mehr abbilden." Europaweit gibt es 9.000 Händler weniger als im Jahr 2006. Für mittelgroße werde es immer schwieriger, Fixkosten zu decken. "Kleine Händler wird es wahrscheinlich immer geben", so Strassl. Worauf man setze: "Auf gut ausgebildete Mitarbeiter. Wenn der Kunde zu uns kommt, ist er bestens informiert. Unsere Mitarbeiter wissen aber noch mehr."

Tatsächlich werde es aber immer problematischer, geeignetes Personal zu finden. Bei Denzel sind mehr als 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, jährlich werden etwa 70 Lehrlinge ausgebildet. "Wenn junge Menschen, die bei uns arbeiten möchten, weder richtig lesen noch die einfachsten Rechenaufgaben lösen können, haben sie es am Arbeitsmarkt schwer. Das ist eine bedrohliche Situation." Strassl sieht hier die Regierung und insbesondere die Bildungspolitik in der Pflicht. (rebu, 19.5.2016)