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Wählerwirksam: Verkehrsminister Binali Yıldırım baute die Türkei aus.

Foto: REUTERS/Osman Orsal

Ginge es nach Tayyip Erdoğan, dann wäre sein treuer Fußsoldat der letzte Premier der Türkischen Republik, und Binali Yıldırım hätte damit natürlich kein Problem. Seit mehr als 20 Jahren läuft er im Schatten Erdoğans mit. Als künftiger Partei- und Regierungschef soll er Erdoğan nun endlich eine Verfassung nach Maß verschaffen: Der Präsident will allein regieren. Loyalität und Disziplin werden großgeschrieben bei den Konservativ-Religiösen der AKP, der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung.

Doch mit den Jahren an der Macht ist Erdoğan wenig zimperlich geworden. Gefolgsleute, die ihn stets stützten, wie Abdullah Gül, den früheren Präsidenten, und Ahmet Davutoğlu, den scheidenden Premier, hat er fallengelassen. Um so bemerkenswerter ist deshalb, dass sich Binali Yıldırım halten konnte, der heute 60-jährige Schiffsbauingenieur und Langzeitminister. Yıldırıms Geheimnis: keine kritischen Bemerkungen, keine sichtbaren Ambitionen, aber ein Amt, das wie ein Scharnier funktioniert zwischen Erdoğans Machtapparat und der türkischen Großindustrie.

Baumeister einer Ära

Denn als Verkehrsminister hat Yıldırım die Megabauprojekte der Ära Erdoğan geleitet. Yıldırım pflasterte die Türkei mit Regionalflughäfen noch in den entlegensten Provinzen zu, baute das Autobahnnetz aus, untertunnelte Berge, führte Hochgeschwindigkeitszüge ein, begann den Bau der dritten Bosporusbrücke und des dritten Großflughafens in Istanbul. Nahezu ohne Unterbrechung ist er seit der Regierungsübernahme der AKP im Jahr 2002 im selben Amt. Yıldırım strickte auf diese Weise am wählerwirksamen Slogan von der modernen "neuen Türkei" mit.

Doch weil er die Bauaufträge an die Holdings vergab, sicherte Yıldırım gleich auch deren Unterstützung für die Regierung: Die Baukonzerne der Türkei haben auch Zeitungen und Nachrichtensender. Erdoğan hatte ihn von Beginn an dabei. Yıldırım wurde Direktor der Istanbuler Schnellfähren, als Erdoğan 1994 das Bürgermeisteramt errang. Der leutselige Mann aus der ostanatolischen Provinz Erzincan war auch unter dem Dutzend Vertraute, die Erdogan nach dem Sieg 2002 nach Ankara mitnahm. 2014 schickte er ihn als Bürgermeisterkandidaten in die säkulare Hochburg Izmir. Der fromme Yıldırım ging und verlor.

Der designierte Premier ist verheiratet und hat drei Kinder. Feinde hat er wohl: Ein Bild seines Sohnes Erkan in einem Kasino in Singapur machte in diesen Tagen die Runde. (Markus Bernath, 19.5.2016)