Paris – Inmitten von Warnungen vor Anschlägen während der Fußballeuropameisterschaft in Frankreich hat das Parlament den Ausnahmezustand erneut verlängert. Die Abgeordneten stimmten am Donnerstag mit großer Mehrheit für den Schritt, der den Behörden nun noch bis Ende Juli Sonderrechte im Anti-Terror-Kampf einräumt. Innenminister Bernard Cazeneuve sagte, die Bedrohungslage sei weiterhin hoch.

Präsident Francois Hollande hatte den Ausnahmezustand nach den Pariser Anschlägen vom 13. November verhängt. Das Parlament verlängerte ihn im November und Februar um jeweils drei Monate. Die erneute Verlängerung gilt bis Ende Juli und damit für die Zeit während der Fußballeuropameisterschaft und der Tour de France. Anschließend soll ein reformiertes Strafrecht den Behörden mehr Rechte etwa bei Personenkontrollen einräumen. Über diese Reform will das Parlament am Nachmittag abstimmen.

"Islamischer Staat"

Unterdessen wuchs drei Wochen vor Beginn der Fußball-EM die Sorge vor Anschlägen während des Großereignisses. Der französische Geheimdienstchef Patrick Calvar sagte, Frankreich sei "eindeutig im Visier" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Anders als bei vorangegangenen Anschlägen, bei denen Schusswaffen und Selbstmordattentäter eingesetzt wurden, werde der IS verstärkt Sprengsätze an Orten mit großen Menschenansammlungen platzieren. Damit solle ein "Klima der Panik" entstehen.

Auch in Deutschland warnte einem Bericht der "Bild"-Zeitung (Donnerstag-Ausgabe) zufolge das Bundeskriminalamt (BKA) vor islamistischen Anschlägen vor allem auf "symbolträchtige und 'weiche' Ziele mit einer großen medialen Aufmerksamkeit und entsprechend hohen zu erwartenden Opferzahlen". Auch einzelne Fußball-Teams seien gefährdet, unter ihnen die deutsche Mannschaft.

Frankreichs Premierminister Manuel Valls versicherte im Sender RTL, es seien alle Vorkehrungen getroffen worden, um die Sicherheit auf den Fanmeilen der Austragungsorte zu gewährleisten. Die Fußball-EM wird vom 10. Juni bis 10. Juli in neun französischen Städten ausgetragen. Im Stade de France in Saint-Denis im Norden der französischen Hauptstadt finden das Auftakt- und das Endspiel statt. Das Stadion war eines der Ziele der Pariser Anschläge vom 13. November, bei denen islamistische Attentäter insgesamt 130 Menschen töteten.

20 Gegenstimmen

In der Nationalversammlung votierten 46 der anwesenden Abgeordneten für die Verlängerung des Ausnahmezustands, 20 stimmten dagegen und zwei Abgeordnete der rechtsextremen Front National enthielten sich. Die oppositionellen konservativen Republikaner stimmten dafür, beklagten aber, dass im Rahmen der neuen Verlängerung keine Durchsuchungen ohne richterlichen Beschluss mehr möglich sind. Die Republikaner halten zudem die Verlängerung um zwei Monate für nicht ausreichend, sie hatten sechs gefordert.

Der Abstimmung ging eine heftige Debatte voraus, in der Konservative und Rechtsextreme dem Innenminister vorwarfen, die Demonstrationen gegen das Arbeitsrecht nicht im Griff zu haben. Dabei ging es unter anderem um das angezündete Polizeiauto am Mittwoch in Paris. Cazeneuve sagte, er werde sich "nicht von Donald Trump inspirieren lassen". Der Innenminister wies auch den Vorwurf zurück, der Polizei fehle es an klaren Befehlen. (APa, 19.5.2016)