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Benjamin Netanjahu (rechts) und Avigdor Lieberman bei einer gemeinsamen Wahlkampfveranstaltung von Likud und "Israel unser Heim", Jänner 2013

Foto: REUTERS/Amir Cohen/

Von guten Fortschritten in den Koalitionsverhandlungen, die sie Donnerstagvormittag formal aufgenommen hatten, berichteten Vertreter von Israels großer Regierungspartei Likud und der weit rechts stehenden kleinen Partei "Israel unser Heim". Es galt als so gut wie sicher, dass deren Chef Avigdor Lieberman Verteidigungsminister wird.

Auch innerhalb des Likud gab es zu dieser Wendung geteilte Meinungen. Am rechten Flügel begrüßte man den "natürlichen Vorgang, der den Staat Israel stärkt", liberale Stimmen sprachen hingegen von einem "Megaanschlag auf Israels Sicherheit".

Gemeint war damit, dass der als Gentleman und vernünftiger Kopf geltende Verteidigungsminister Mosche Yaalon, ein früherer Armeechef, ausgerechnet dem unberechenbaren Lieberman Platz machen muss, der keinerlei militärische Erfahrung hat. "Die einzigen Kugeln, die Lieberman jemals um die Ohren gepfiffen sind, waren Tennisbälle", lautete ein Kommentar aus der Linksopposition.

Gründe für Schwenk

Gerätselt wurde darüber, was Premier Benjamin Netanjahu bewogen hatte, die laut Gerüchten schon beinahe abgeschlossenen Koalitionsgespräche mit der Arbeiterpartei abzubrechen und zur Lieberman-Partei umzuschwenken. Einer der Gründe könnte gewesen sein, dass er damit Yaalon abservieren kann, der ein parteiinterner Rivale werden könnte und zuletzt vom rechten Flügel als zu weich kritisiert wurde. Aus Netanjahus Umfeld hieß es, es habe keine Alternative gegeben, weil Lieberman nur das Verteidigungsministerium und nicht das ursprünglich für die Koalitionserweiterung freigehaltene Außenministerium wollte. Unklar war, ob Netanjahu nun Yaalon das Außenministerium anbieten wird, nach vorherrschender Meinung würde Yaalon das aber ohnehin ausschlagen.

Noch tiefer war aber die Demütigung von Jizchak Herzog. Ein Kommentator bezeichnete den Chef der Arbeiterpartei als "tragische, beinahe komische Figur", die die Verhandlungen "amateurhaft" geführt habe. Herzog warf "radikalen Linken" in seiner Partei vor, ständig quergeschossen zu haben. "Wir sind linkes Zentrum und nicht linksextrem", sagte Herzog. Ein Regierungsbeitritt hätte zu Verhandlungen mit den Palästinensern führen können.

Die mangelnde Unterstützung aus der eigenen Partei sei mit ein Grund für das Ergebnis: "Jetzt müssen Israel und seine Bürger mit einer Regierung fertig werden, deren Politik an Wahnsinn grenzt." Bei den Sozialdemokraten begannen Vorbereitungen für einen Parteitag, bei dem Herzog abgewählt werden könnte. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, 19.5.2016)