Android- und Chrome-Chef Hiroshi Lockheimer

Foto: Andreas Proschofsky / STANDARD

Die Zeiten in denen Chromebooks auf die Nutzung von Web-Apps beschränkt waren, sind – fast – vorbei. Am Donnerstag hat Google im Rahmen seiner Entwicklerkonferenz I/O offiziellen Android-Support für Chrome OS angekündigt. Damit geht die Integration des Play Stores einher, die User sollen so Zugriff auf mehr als eine Million Apps erhalten.

App-Auswahl

In Zukunft sollen sich also Apps wie Lightroom, Google Photos aber auch viele Spiele unter Chrome OS nutzen lassen, auf die Chromebook-User bisher verzichten mussten. Google streicht hervor, dass auf diese Weise viele Programme verfügbar werden, die bisher am Desktop gar nicht nutzen ließen – wie etwa Snapchat.

Zusammenspiel

Die Integration zwischen den beiden Betriebssysteme soll dabei nahtlos funktionieren: So wurde etwa das Android-Intent-System unter Chrome OS implementiert, um das Weiterreichen von Inhalten einfach zu machen. Android-Benachrichtigungen werden in der Chrome-OS-Benachrichtigungszentrale übernommen. Und selbst Dinge wie das Bubblehead-Interface des Facebook Messenger funktionieren am Chrome-OS-Desktop. Zudem können Android-Apps zentral über die Admin-Konsole gemanaget werden, was vor allem für Schulen und Firmen wichtig ist.

Googles Play Store auf dem Chromebook
Grafik: Google

Implementation

Google betont, dass die eigene Entwicklung zu hundert Prozent kompatibel zu Android ist. Kommt hier doch das originale Android Framework zum Einsatz, das einfach in einem Container auf dem Linux-basierten System läuft. Diese Lösung läuft sowohl mit Intel- als auch ARM-Chips und hat im Gegensatz zu einer Virtualisierungslösung keinen Performance-Overhead.

Das ist nicht ARC

Interessant ist dieser Ansatz auch, weil Google damit eine vollständige Neuentwicklung vorgenommen hat. Schon bisher konnten ausgewählte Apps mittels der Android Runtime for Chrome (ARC) zum Laufen gebracht werden. Diese basierte allerdings auf Googles eigenem Native-Client-Plugin für Chrome, und konnte weder die selbe Performance noch eine vollständige Kompatibilität bieten. Die Kehrseite davon: Die neue Lösung funktioniert tatsächlich nur unter Chrome OS und nicht mit den Chrome-Versionen auf anderen Betriebssystemen.

Updates

Das Android Framework für Chrome OS soll direkt von Google mit Updates versorgt werden. So verspricht man etwa sich dem monatlichen Android-Sicherheits-Update-Zyklus anzuschließen. In Kombination damit, dass Chrome OS ebenfalls laufend von Google gewartet wird, ergibt sich eine interessante Situation: Aus einer Sicherheitsperspektive sollte ein Chromebook mit Android nämlich damit besser geschützt sein als der allergrößte Teil aller aktuellen Android-Smartphones.

Lehren ziehen

Übrigens deutet Android- und Chrome-Chef Hiroshi Lockheimer auf Nachfrage an, dass man aus dieser Entwicklung durchaus auch Lehren für den mobilen Bereich ziehen könnte. Immerhin helfen zusätzlich Abstraktionsebenen dabei, das System leichter aktualisierbar zu machen. Lockheimer gesteht offen zu, dass die derzeitige Update-Situation unter Android frustrierend sei, und man immer nach Möglichkeiten suche, dies zu ändern.

Entwickler

Die pure Kompatibilität bedeutet natürlich nicht, dass die Apps dann auch wirklich gut laufen, also wendet sich Google mit der Ankündigung auch direkt an die Android-Entwickler. Diese sollen bei der Entwicklung künftig als auch auf den Desktop als Formfaktor achten, wo mehrere Fenster nebeneinander dargestellt werden. Zudem nimmt Google einige Einschränkungen vor, um den Entwicklern die Arbeit nicht all zu groß zu machen. So lässt sich die Fenstergröße von Android-Apps nicht frei festlegen, Google gibt hier drei Großen vor.

Hardwareauswirkungen

Apps können dabei auch mithilfe des Play Stores abfragen, welche Hardwarefähigkeiten ein Chromebook hat – wie es von Android her bekannt ist. Lockheimer betont, dass dies auch indirekt Auswirkungen auf die Gerätezusammenstellung haben wird. Man arbeite derzeit mit Hardwareherstellern daran, dass in Chromebooks künftig mehr Sensoren verbaut werden. Auch sei durch den erweiterten Desktop-Support zu erwarten, dass künftig mehr hochwertige Chromebooks erscheinen werden.

Schrittweise

Der Android-Support soll ab Mitte Juni an die ersten Geräte via Update ausgeliefert werden, konkret spricht man vom eigenen Chromebook Pixel (2015), dem ASUS Chromebook Flip und dem Acer Chromebook R11. Im Verlaufe des Jahres sollen dann weitere Geräte hinzukommen, eine genaue Liste liefert man in einem Support-Eintrag. Zunächst wird dies aber nur an die entsprechenden Testkanäle (mit Chrome OS 53) ausgeliefert, um App-Entwicklern Zeit zu geben, ihre Programme auf einen umfassenden Launch dieses Features vorzubereiten, das zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. (Andreas Proschofsky aus Mountain View, 19.5.2016)