Beim nächsten gemeinsamen Auftritt in der Öffentlichkeit wird einer der nächste Bundespräsident sein – vielleicht Norbert Hofer (links), vielleicht Alexander Van der Bellen.

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Es ist vermutlich die einzige Situation, in der beide Kandidaten der "Rechte" sein wollten. Denn beide, Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen, wollten Donnerstagabend beim letzten "Duell" vor der Stichwahl um die Hofburg im ORF-Studio am liebsten rechts sitzen. Das Los hat schließlich den Rechten nach rechts geschickt: FPÖ-Kandidat Hofer durfte somit links von Moderatorin Ingrid Thurnher und auf der rechten Bildschirmseite Platz nehmen. Damit hatten die Kontrahenten Aufstellung bezogen, und das letzte öffentliche Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten konnte losgehen. Es wurde, nun ja, quasi präsidentiell.

Anders als bei dem in eine Art Schlammcatchen im Trockendock ausgearteten, von den beiden Hofburg-Anwärtern "selbstmoderierten" Gespräch auf ATV zeigte sich diesmal die zivilisierende Wirkung durch eine journalistisch professionelle Moderation. Die deklinierte nach einer kurzen therapeutischen Nachbetrachtung des ATV-Ausfalls, bei dem die "zwei Gladiatoren" (Hofer) "etwas entgleist" (Van der Bellen) waren, ein breites Themenspektrum durch.

Der ehemalige Grünen-Chef, der aus der Position des Zweiten startet, nutzte die erstbeste Gelegenheit zu einem Wahlappell, indem er sagte: "Wer weiß wählt, wählt indirekt Herrn Hofer", so richtig auf Attacke gebügelt war aber keiner der beiden. Viel eher bemüht, Präsidenten-like aufzutreten. So erklärte Hofer erneut, dass er, "ganz am Ende", wenn dann wirklich keine Gespräche mehr helfen würden, um eine Regierung, "die schlecht arbeitet", auf seine Linie zu bringen, etwa in Steuerfragen, tatsächlich sagen würde: "Das geht nicht, das kann ich nicht zulassen." Ja, er und niemand sonst: "Der Hustinettenbär wird keine Entscheidung treffen."

Nachdenken über Strache

Van der Bellen wiederum, der sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache so gar nicht als Kanzler, den er angeloben sollte, vorstellen kann und ihn auch verhindern würde, räumte – gefragt, ob das auch für einen Vizekanzler Strache gelten würde – ein: "Das muss man sich genau anschauen. Ich kann es nicht ganz ausschließen."

Hofer betonte seine Fähigkeit zur "Überparteilichkeit", immerhin zeige er diese als Dritter Nationalratspräsident, der zur eigenen Fraktion besonders streng sei.

Beim "Heimat"-Komplex, den beide im Wahlkampf besonders strapazierten, listete Hofer als typisch österreichische Eigenschaften den Hang zur "Gemütlichkeit", aber auch Leistungsorientierung und Offenheit auf, Van der Bellen fiel dazu ein, dass die Österreicher "arbeiten wie die Löwen, aber sie tun so, als ob sie's nicht täten", Understatement liege ihnen und der "Wille zur Zusammenarbeit", politisch zumindest seit 1945 praktiziert.

Auf die Frage, welche "Werte" die beiden neu ankommenden Menschen im Land vermitteln würden, meinte Van der Bellen zwar, dass ihm Wertekurse "ein bissl trivial" vorkommen, aber wichtig sei zu vermitteln: "Österreich ist ein Rechtsstaat, das Gesetz gilt für alle, und es gibt null Toleranz bei Gewalt." Jegliche Versuche, "öffentlichen Raum zu okkupieren", seien ein Verlust an Freiheit und Sicherheit für alle. Hofer zählte hier Leistungsbewusstsein, Zusammenarbeit und Teamfähigkeit sowie den Willen zur Weiterbildung auf.

Apropos österreichischer Bundespräsident: Welche "Österreicher" sind damit gemeint? Für Hofer war die Antwort klar: "Das sind unsere Staatsbürger, die hoffentlich unsere Sprache sprechen. Ich bin immer zuerst für die Österreicher da." Van der Bellen legt es etwas weiter an: "Ich bin für alle da. Nicht nur die Staatsbürger, alle anderen auch, die hier leben. Das sind ja keine Fremdlinge."

Was die EU anlangt, will Hofer ein "subsidiäres Europa mit enger Zusammenarbeit und keinen europäischen Nationalstaat". Würde die Türkei beitreten, "wäre ich für einen Austritt aus der EU", jetzt aber nicht. Van der Bellen schwebt eine "Europäische Eidgenossenschaft" nach Schweizer Vorbild vor, vorher müsse das derzeitige Europa der Mängel aber wieder "handlungsfähig" werden.

Im kompakten Ja/Nein-Reigen am Schluss gab es noch ein paar Gleichklänge: Kruzifixe in Schulklassen stören beide nicht, Wehrpflicht für Frauen lehnen beide ab, auch eine Regierung ohne Frauen, und an 183 Nationalratsabgeordneten und neun Bundesländern würden beide nichts ändern. (Lisa Nimmervoll, 19.5.2016)