Innsbruck/Wien – Die ersten Schritte der Wolkenbildung hat ein internationales Forscherteam unter Beteiligung von Innsbrucker Physikern in einem Experiment am Europäischen Labor für Teilchenphysik (Cern) in Genf aufgeklärt. Sie beschreiben im Fachjournal "Nature Communications" zwei Mechanismen, wie winzige Partikel zu Kondensationskeimen anwachsen und damit die Bildung von Wolken beschleunigen können.

Damit Wasserdampf in der Atmosphäre zu Tröpfchen kondensieren kann, sind Kondensationskeime erforderlich. Solche Keime können aus natürlichen Prozessen stammen, etwa winzige Sandkörner, oder von menschlichen Aktivitäten, etwa Rußpartikel. Sie können aber auch aus Gasmolekülen neu gebildet werden. In den vergangenen Jahren klärten Forscher nach und nach, welche Moleküle bei dieser Neubildung eine Rolle spielen.

Das Cloud-Experiment

Zu wichtigen neuen Erkenntnissen verhalf ihnen dabei in den vergangenen Jahren das Experiment Cloud (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) am Cern. In einem 26 Kubikmeter großen Edelstahltank können die Wissenschafter die Bildung von Aerosolpartikel und Wolken unter extrem präzisen kontrollierbaren Bedingungen untersuchen.

So zeigten Armin Hansel vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck und seine Kollegen, dass Schwefelsäuremoleküle (H2SO4) mit geringen Mengen der basischen Verbindungen Ammoniak und Amine (eng mit Ammoniak verwandten Stoffe) besonders starke Bindungen eingehen. Selbst kleinste Konzentrationen dieser Stoffe reichen für eine hohe Neubildungsrate von Partikeln aus.

Die so aus einzelnen Molekülen gebildeten Cluster sind rund ein Nanometer groß – viel zu klein, dass daran Wasserdampf kondensieren könnte. In ihrer aktuellen Arbeit haben die Forscher im Cloud-Experiment untersucht, wie die Nanopartikel zu rund zehn Nanometer großen Kondensationskeimen anwachsen. "Interessant ist dies deshalb, weil so entstehende Teilchen für rund die Hälfte der Wolkentropfen verantwortlich und damit von hoher Klimarelevanz sind", sagte Hansel.

Schwefelsäure spielt wichtige Rolle

In jedem der untersuchten Fälle spielt Schwefelsäure eine wichtige Rolle. Diese gibt es in der heutigen Atmosphäre durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe in genügend großer Menge. Sind zudem ausreichend Ammoniak, Amine oder wenig flüchtige organische Dämpfe vorhanden, können sich die entstehenden neutralen Säure-Basen-Nanopartikel zu immer größeren Clustern zusammenballen, bis sie zu Kondensationskeimgröße angewachsen sind.

Sollten nicht genügend basische Verbindungen vorhanden sein, kann ein zweiter Mechanismus zur Clusterbildung beitragen. Es entstehen dann sogenannte ionische – also geladene – Cluster, deren elektrische Ladung stabilisierend auf die Cluster wirkt. Positiv und negativ geladene Cluster werden durch Rekombination zu neutralen Clustern und können wie oben beschrieben weiter wachsen.

Das Ergebnis zeigt für Hansel, dass die Messung von Schwefelsäure in der Atmosphäre nicht ausreicht, um die Nukleationsrate zu beurteilen. Die Studienautoren fordern deshalb, auch andere basenhaltende Verbindungen wie Amine und Ammoniak und wenig flüchtige organische Verbindungen in solche Atmosphärenmessungen einzubeziehen. Wenn man diese Mechanismen genauer verstehe, könnten die Klimamodelle entsprechend angepasst und zuverlässigere Prognosen erstellt werden, sagte Hansel. (APA, 22. 5. 2016)