Manche wünschen sich dorthin, manche möchten nur schnell wieder raus. Aus dem Funkloch. Aus einer Gegend, die zwar schön, aber doch ein wenig abgeschnitten ist – von der Netzwelt. Civitacampomarano ist so eine.
Zwar gibt es in dem Dorf mit den weniger als 500 Einwohnern soziale Netzwerke – aber halt nicht online. Twitter ist eine hellblau gestrichene Bank, auf der zwei Frauen tratschen. Facebook ist ein dunkelblauer Schaukasten, in dem hinter Glas fünf Zettel an einer Pinnwand angebracht sind. Whatsapp ist eine Telefonzelle. Tinder ein Pavillon mit Holzbank. Und Wikipedia die Frau im Dorf, die immer alles weiß. Jeder kennt jeden, wie das in kleinen Dörfern so ist. Privatsphäre? Selbst was hinter den hölzernen Fensterläden passiert, kommt irgendwann einmal raus.
Der italienische Künstler Biancoshock zeigt, dass virtuelle Angebote, für so viele unverzichtbar im täglichen Leben, im "echten Leben" immer schon existiert haben. Gegoogelt wird in der lokalen Bar, der Schriftzug Google ist auf den Tischtüchern gedruckt. Gmail ist ein roter Briefkasten. Youtube ein Fernseher im Gemeinschaftsraum. Ebay ein kleiner Gassenladen mit Fadenvorhang. Der Datentransportdienst "WeTransfer" ein alter, knattriger Ape-Kleintransporter. Das Antivirenprogramm Avast eine Apotheke.
Auf nichts verzichten?
"Web 0.0" nennt der Künstler das Projekt. Es zeigt, dass die Bewohner von Civitacampomarano auf nichts verzichten müssen. Und doch, ist dieses echte Leben auf dem zweiten Blick vielleicht doch nicht so attraktiv. Auf den Bildern sind nur wenige jüngere Menschen zu sehen. Das idyllische Dorf hatte schon einmal mehr Einwohner. (sb, 22.5.2016)