Kein Freund der Frauengleichstellung: Norbert Hofer.

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Über Österreich liegt Spannung. Der neue Bundespräsident wird gewählt. Alexander Van der Bellen oder Norbert Hofer?: Wieder eine Kür, bei der es, wie inzwischen bei fast allen Wahlen, um die Rolle der FPÖ geht. Denn Hofer hat sich in diesem Wahlkampf immer offen als Kandidat dieser Partei deklariert.

Die politischen Inhalte die FPÖ waren daher in den vergangenen Tagen und Wochen naturgemäß ein in der Berichterstattung wichtiges Thema. Auch hier in diesem Blog.

Hier ging es etwa um die – laut FPÖ-Parteiprogramm und dem Handbuch freiheitlicher Politik – von der FPÖ gewünschte Aufwertung des Deutschtums als Grundlage von Kultur und Kunst. Und es ging um die von Hofers Partei angestrebte Wiederabschaffung der zivilen Rechte von Lesben und Schwulen, die diesen in den vergangenen Jahren in Österreich zuerkannt wurden.

Kahlschlag befürwortet

Massive Änderungen, die auf Verschlechterungen hinauslaufen, sollen laut FPÖ-Plänen aber auch einer weit größeren Bevölkerungsgruppe ins Haus sehen: den Frauen. Laut blauem Parteiprogramm und Handbuch soll es einen Kahlschlag bei allen Maßnahmen geben, mit denen die öffentliche Hand Frauen fördert – etwa um ihre berufliche und einkommensmäßige Situation zu verbessern.

Im FPÖ-Parteiprogramm wird dies mit der gleichen – offenbar entwaffnend gemeinten – Offenheit kundgetan, der sich im Bundespräsidentschaftswahlkampf FPÖ-Kandidat Hofer befleißigte: etwa als er ankündigte, man werde sich noch wundern: "Die Bevorzugung eines Geschlechts zur Beseitigung tatsächlicher oder vermeintlicher Benachteiligungen wird von uns entschieden abgelehnt", ist da zu lesen.

Ja zu Ungleichbehandlung

Keine "Beseitigung" von Benachteiligungen, auch von "tatsächlichen" nicht: Wie soll man das anders verstehen, als dass die FPÖ – diese laut Demoskopen von besonders vielen Männern gewählte Partei – für die Aufrechterhaltung der auch in Österreich noch ganz realen Ungleichbehandlung von Frauen eintritt? Und, weiter: "Daher sprechen wir uns gegen eine Quotenregelung oder das ‚Gender-Mainstreaming‘ aus".

Tatsächlich ist das Gender Mainstreaming ein Objekt besonderer Ablehnung der FPÖ. Das unter anderem von der EU befürwortete Prinzip, dass bei Entscheidungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden soll, wird von der dieser Partei geradezu verteufelt.

Bolschewistenhass

Das zeigt sich im – von Norbert Hofer redigierten – Handbuch freiheitlicher Politik in Gestalt eines in der heutigen Zeit völlig deplatzierten Bolschewistenhasses: "‘Gender Mainstreaming‘ soll im ‚Top-Down-Prinzip‘ durchgepeitscht werden. Das bedeutet, dass auf allen staatlichen und gesellschaftlichen Ebenen alle Entscheidungen einer von der Spitze vorgegebenen Maxime unterworfen werden", steht da.

Und weiter: "Diese Strategie findet ihren Ursprung im Wesen der marxistisch-leninistischen Kaderpartei, in der die "revolutionäre Avantgarde" (Lenin) die Struktur für den Klassenkampf – hier den Geschlechterkampf –der "unbedarften Masse" vorgibt.

"Zerstörung der Identitäten"

Diesbezüglich, so das Handbuch, sei "Konspiration" am Werk, eine "hidden agenda", die "schlussendlich die Zerstörung der Identitäten" zum Ziel habe –"gesamtgesellschaftlich", "kulturell" sowie "individuellgeschlechtlich". Von Lenins Revolutionären über frühe Feministinnen bis in die heutigen Brüsseler Bürokratenburgen ziehe sich ein roter Faden.

Begrifflich dockt die FPÖ hier an die "Identitären"-Bewegung an, die sich zuletzt durch gut inszenierte Störaktionen hervorgetan hat. Nur: Ist der Marxismus-Leninismus im Jahr 2016 noch von politischer Relevanz? Genießt er in der heutigen, neoliberal bestimmten Welt, hundert Jahre nach der bolschewistischen Revolution, noch irgendeine über Kleingruppen hinausgehende Wichtigkeit? Sicher nicht.

Endzeitvision

Und was hat das alles mit der in der EU betriebenen Frauen-Gleichstellungspolitik zu tun? Dort werde die Zersetzung der Gesellschaft propagiert, vermeint das Blauen-Handbuch: eine Endzeitvision. Als Gegenentwurf dazu haben die FPÖ und ihr Mastermind Hofer nichts als das Ziel einer Gesellschaft anzubieten, in der nicht Frauen gefördert werden, sondern deren Benachteiligung als unveränderbar gilt. (Irene Brickner, 21.5.2016)