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2014 noch im Gleichschritt, heute sind die Beziehungen gespannt: Premier Viktor Orbán (links) verlor das Vertrauen in Präsident János Áder.

Foto: APA / EPA / Tibor Illyes

In Ungarn wird der Staatspräsident nicht vom Volk, sondern vom Parlament gewählt. Das Mandat von Amtsinhaber János Áder geht im nächsten Jahr zu Ende. Da es seine erste Amtszeit ist, könnte der Politiker der rechtspopulistischen Regierungspartei Fidesz noch einmal gewählt werden. Doch die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering.

Das geht aus Aussagen hervor, zu denen sich der Parlamentsabgeordnete György Rubovszky vor einer öffentlichen Ausschusssitzung verstieg. Der Mann aus dem Regierungslager ist als umtriebiger Akteur des Politgeschäfts gut vernetzt und dürfte Zugang zu gelegentlichen Briefings des autoritär regierenden Premiers Viktor Orbán haben.

"Unmöglich, dass er wiedergewählt wird"

Vor der laufenden Kamera des Nachrichtensenders Hír TV sagte Rubovszky zu einem neben ihm stehenden Fidesz-Kollegen: "Unmöglich, dass er wiedergewählt wird. Der Viktor erlaubt das nicht!" Auch ohne den Kontext war klar, was gemeint war: Orbán wird es nicht zulassen, dass Áder für eine weitere Amtszeit das höchste Staatsamt bekleidet. Schließlich sorgte Gergely Gulyás, einer der Fidesz-Vizeobmänner, für Klarheit. Laut Statut der Regierungspartei ist es der Ministerpräsident, der bei der Besetzung von Staatsämtern das Vorschlagsrecht hat, erklärte Gulyás vor Medienvertretern.

Doch warum will Orbán den Präsidenten nicht über 2017 hinaus im Sándor-Palais auf der Budaer Burg sehen? Áder trat sein Amt "außerplanmäßig" 2012 an, nachdem sein Vorgänger Pál Schmitt nach einer Plagiatsaffäre zurückgetreten war. Für Orbán war das insofern unangenehm, als der frühere Sportdiplomat Schmitt fast sklavisch alles gegengezeichnet hatte, was die Fidesz-Mehrheit an umstrittenen und teils als verfassungswidrig geltenden Gesetzen durch das Parlament gewinkt hatte. Der gelernte Jurist Áder tat das zwar weitgehend auch, aber nicht immer. Zumeist beanstandete er allerdings nur kleinere Formfehler in den beschlossenen Gesetzestexten.

Umstrittene Gesetzesreform

Zumindest war das bis zuletzt so. Im März jedoch verwies Áder ein Gesetz an das Verfassungsgericht, das die in den Stiftungen der Nationalbank (MNB) gebunkerten Riesengeldsummen zur Geheimsache erklärt hätte. Das Verfassungsgericht erklärte diese Einschränkung der Informationspflichten in Hinblick auf öffentliche Gelder für verfassungswidrig. Die MNB musste daraufhin Einblick in die Gebarung der sechs Stiftungen geben. Die Schöpfungen von MNB-Gouverneur György Matolcsy, der Orbáns bedingungsloses Vertrauen genießt, waren mit 260 Milliarden Forint (832 Millionen Euro) ausgestattet worden. Die erheblichen Zinserträge des veranlagten Geldes sollen, so hört man, freihändig an die eigene Klientel verteilt werden.

Orbán soll Áders Vorgehen als massiven Vertrauensbruch gewertet haben. Über Áders Nachfolge wird in Budapest heftig spekuliert. Am häufigsten genannt werden Parlamentspräsident László Kövér, ein Hardliner, und der Minister für Human Resources, Zoltán Balog, der sich einer milderen Rhetorik bedient, aber als sehr loyal gilt. Entscheiden wird am Ende niemand anderer als "der Viktor". (Gregor Mayer aus Budapest, 23.5.2016)