Die österreichischen Augenoptiker fühlen sich von den Augenärzten bedrängt. Grund dafür ist eine Neuformulierung der Verordnung "Arzt und Öffentlichkeit" durch die Österreichische Ärztekammer. Die Optiker befürchten eine Zunahme des "Shop-in-Ordi"-Prinzips. Augenärztevertreter bestreiten das, die Änderungen seien keinesfalls auf ihre Berufsgruppe zugeschnitten.

"Empfehlungen abzugeben, mag richtig sein bei Herzschrittmachern, Kathetersystemen etc. Aber bei Artikeln des täglichen Gebrauchs, zum Beispiel bei Brillen, wird diese Art der Empfehlungen fragwürdig. Es liegt die Vermutung nahe, dass primär ums Geschäft geht", sagte Anton Koller, Bundesinnungsmeister der Augenoptiker und Optometristen, gegenüber der APA.

Der Hintergrund der Kritik liegt laut dem Standesvertreter in einer Neufassung der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die "Art und Form zulässiger Informationen in der Öffentlichkeit" vom Dezember 2015.

Stein des Anstoßes

Darin fänden sich folgende Sätze: "Unzulässig ist die Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte sowie für deren Hersteller und Vertreter. Zulässig ist die sachliche, wahre und das Ansehen der Ärzteschaft nicht beeinträchtigende Information über Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige Medizinprodukte sowie über deren Hersteller und Vertreiber in Ausübung des ärztlichen Berufes."

Neu ist laut Koller der zweite Satz der Bestimmung. Und genau dieser stößt den Augenoptikern sauer auf. Koller: "Wir sehen darin eine rein wirtschaftlich motivierte Strategie." Die Ärzte könnten damit auch Empfehlungen ausstellen, die weit über "ihre Fachkompetenz und Zuständigkeit" hinaus gingen.

"Dadurch nimmt das Konstrukt 'Shop-in-Ordi' stark zu. Seit Inkrafttreten der Novellierung gibt es schon vermehrte Gewerbeanmeldungen von Augenärzten für den Handel von Medizinprodukten." Diese Vorgehensweise beeinträchtige die Gesundheit als oberste Priorität des Arztes. Tatsächlich drängten die Ärzte neben dem Geschäft mit Kontaktlinsen auch zunehmend ins Brillengeschäft mit eigenen Geschäft.

Replik auf Kritik

Helga Azem, seit vielen Jahren Bundesfachgruppenobfrau der österreichischen Augenärzte, sah das völlig anders: "Die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer betrifft alle Fachgruppen der Ärzteschaft, nicht nur die Augenärzte. Im Bereich der Gesundheitsversorgung hat sich die Situation geändert. Heute werden in Arztordinationen auch spezielle Diätetika verkauft. Orthopäden arbeiten mit Bandagisten zusammen. Das sollte geregelt werden.

Und natürlich arbeiten auch Ärzte mit Optikern zusammen." Neu zu fassen wäre die Verordnung zum Beispiel auch wegen des Wartezimmer-Fernsehens, in dem natürlich auch Werbung zu sehen sei. Die Optiker sähen die Angelegenheit zu eng.

Bezüglich der Abgrenzung zwischen Optikern und Augenärzten gibt es laut Helga Azem immer wieder – auch derzeit laufende – Gerichtsverfahren. Sie selbst hat in Wien-Leopoldstadt eine Ordination und betreibt dort daneben auch ein Institut für Kontaktlinsen und eine Brillenoptik-Einheit. "70 Prozent der Patienten gehen mit ihren Verschreibungen hinaus und irgendwo hin für den Brillenkauf" Jeder Betreute habe alle Wahlmöglichkeiten. Und in anderen EU-Staaten seien die Regelungen über die Berufsabgrenzungen ganz anders. (APA, 23.5.2016)