Wien – Der Sprecher der AHS-Direktoren, Wilhelm Zillner, plädiert für eine sachliche Diskussion über die Ergebnisse der heurigen Zentralmatura. Mathematik werde vermutlich tatsächlich etwas schlechter als im Vorjahr ausfallen, andere Fächer aber eher besser als zuletzt, so Zillner zur APA. Die Gesamtzahl der Fünfer hält er auch nicht unbedingt für den alleinigen Bewertungsmaßstab einer Matura.

Nach wie vor gibt es keine validen Zahlen über die genauen Ergebnisse der Zentralmatura. In dieser Woche finden noch Notenkonferenzen statt, anschließend müssen deren Resultate an das Bildungsministerium gemeldet werden. "Was ich inoffiziell an Rückmeldungen höre, bestätigt aber, dass man sich alles einzeln ansehen muss", meinte Zillner.

Unterschiede zwischen Standorten

Die Mathematik-Klausuren zeigten deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten. Es gebe "wirklich viele" Schulen mit gar keinem oder nur einem Fünfer pro Klasse, betonte Zillner. "Da rede ich nicht von Renommierschulen, sondern das zieht sich durch die Regionen."

Umgekehrt hätten einige Klassen tatsächlich schlechte Resultate abgeliefert. An insgesamt 40 Prozent Fünfer, wie in einer Schülerumfrage befürchtet, glaube er aber bei weitem nicht. Umgekehrt seien wiederum die Sprachenfächer voraussichtlich hervorragend ausgefallen. In Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch gebe es vermutlich im Schnitt nicht einmal einen Fünfer pro Klasse. Einzelne Klausuren könnten nun einmal das eine Mal besser und das andere Mal schlechter ausfallen: "Vor ein paar Jahren war Englisch der große Aufreger", erinnert sich Zillner an Ergebnisse aus Zentralmatura-Schulversuchen. An seiner eigenen Schule, einer Mischung aus Realgymnasium und Oberstufenrealgymnasium in Kirchdorf an der Krems (OÖ), gebe es vermutlich rund 14 Prozent Fünfer in Mathe, so Zillner. Insgesamt seien sieben Prozent der Arbeiten negativ.

Was sagen Fünfer aus?

Ganz generell stellte der AHS-Direktorensprecher eine Frage in den Raum: "Was ist eigentlich ein gutes Ergebnis? Die reine Zahl der Nicht Genügend? Und welche?" Dafür fehle eine Definition. "Ich unterstelle jetzt einmal: Es gibt Leute, die sagen: 'Wenn es keine oder nur wenige Nicht Genügend gibt, dann ist die Matura verschenkt worden.'"

Zillner glaubt, dass heuer tatsächlich mehr Schüler in Mathematik vorerst gescheitert sind. Aber: "Im Vorjahr sind die Mathematik-Klausuren auch gut ausgefallen." Sollten statt rund zehn Prozent wie im Vorjahr heuer 15 Prozent einen Fünfer haben, sei das für jeden einzelnen Schüler natürlich bedauerlich: "Aber es ist kein Grund zur Aufregung – und rein statistisch auch kein Grund, die Medien zu füllen."

Bei 20 Schülern in einer Klasse machten zehn Prozent Fünfer zwei Schüler aus, bei 15 Prozent seien es drei. Das habe es in früheren Jahren auch gegeben und sei normal. "Es sind halt immer wieder etwas andere Aufgabenstellungen. Man kann Aufgaben nicht klonen – das wäre auch nicht der Sinn der Sache."

Lernen von den guten Schulen

Wesentlich interessanter als absolute Fünferzahlen ist für Zillner auch die Verteilung auf die einzelnen Standorte bzw. Klassen. "Dann kann man sehen, was man von den guten Standorten lernen kann und was die schlechteren verbessern müssen."

Generell hält Zillner die Zentralmatura für richtig – "und zwar auch in der sehr milden Form, die in Österreich angeboten wird". Daneben könnten mit der vorwissenschaftlichen Arbeit persönliche Interessen und mit der mündlichen Reifeprüfung Schwerpunkte des Schulstandorts abgebildet werden. Nicht vergessen dürfe man auch, dass fast ganz Europa grundsätzlich diesen Weg wähle. "In Deutschland, wo Bildung Ländersache ist, wird vom konservativen Bayern bis zum sozialdemokratischen Bremen das ganze politische Spektrum abgedeckt. Aber über die Zentralmatura an sich diskutiert man nirgends."

Fortschritt gegenüber früher

Er persönlich halte die jetzige Form der Reifeprüfung auch für einen Fortschritt gegenüber früher: "Früher hat jeder für sich selbst unterrichtet, geprüft und dann auch noch verbessert. Da wurden in den letzten Stunden vor der Matura noch gute Tipps gegeben, was kommen könnte, und am Schluss hat man geglaubt, nur weil das dann auch gekommen ist, kann man es auch. Das geht halt nicht mehr." (APA, 24.5.2016)