Zürich/Singapur – Wegen der Verwicklung in einen milliardenschweren Geldwäsche-Skandal schließen die Behörden die Schweizer Bank BSI. Nach zweifelhaften Transaktionen des Tessiner Vermögensverwalters mit dem von einem Korruptionsskandal erschütterten malaysischen Staatsfonds 1MDB ordnete die Finanzmarktaufsicht (Finma) die Auflösung des Instituts an.

"In diesem Fall haben überhöhter Risikoappetit und Uneinsichtigkeit zum Ende einer Bank geführt", erklärte Finma-Chef Mark Branson am Dienstag. Damit die Kunden und die knapp 2.000 Mitarbeiter nicht im Regen stehen, soll die BSI vom heimischen Rivalen EFG International übernommen werden. Dieser bereits im Februar angekündigten Akquisition gab die Finma nun grünes Licht. Die Schweizer Bundesanwaltschaft eröffnete ein Strafverfahren gegen die Bank.

Politische Brisanz

"BSI war in Singapur eine der Drehscheiben für die dubiosen Transaktionen des Staatsfonds und ihm nahestehender Personen", beschrieb Branson das Ausmaß der Verwicklung. Gegen den Staatsfonds 1Malaysia Development Berhad (1MDB) laufen in mindestens sechs Ländern Geldwäsche-Untersuchungen.

Die Affäre ist politisch hochbrisant, denn der Aufsichtsrat von 1MDB wird von Malaysias Ministerpräsident Najib Razak geleitet. Dieser war vom heimischen Generalstaatsanwalt von Korruptionsvorwürfen freigesprochen worden. Ein parlamentarischer Ausschuss hatte im April regelwidrige Transaktionen des Staatsfonds von mindestens 4,2 Mrd. Dollar (3,75 Mrd. Euro) ausgemacht. Sowohl 1MDB als auch Najib haben ein Fehlverhalten bestritten.

Erstmals Zulassung entzogen

Auch die Aufsichtsbehörde in Singapur kam zu dem Schluss, dass die 1873 gegründete BSI nicht eigenständig weitergeführt werden darf: Erstmals seit 32 Jahren entzog sie einer Bank die Zulassung. "BSI Bank ist der schlimmste Fall von Kontrollfehlern und grobem Fehlverhalten, den wir in der singapurischen Finanzbranche gesehen haben", erklärte Behördenchef Ravi Menon. Gegen mehrere andere Finanzinstitute liefen die Verfahren weiter. Der Skandal um 1MDB und BSI rückt Singapur und die Schweiz ungewollt ins Rampenlicht. Beide Länder bemühen sich seit Jahren, ihren Ruf als Hort von unversteuerten oder unrechtmäßig erworbenen Geldern loszuwerden.

BSI hat sich nach Einschätzung der Finma von 2011 bis April 2015 gravierende Mängel bei der Abklärung von Transaktionen zuschulden kommen lassen. Dies gelte insbesondere für Geschäftsbeziehungen zu sogenannten politisch exponierten Personen. Zweifelhafte Transaktionen in der Höhe von Hunderten von Millionen Dollar seien nicht hinterfragt worden. BSI habe nicht nur mit 1MDB, sondern auch mit anderen Staatsfonds Geschäftsbeziehungen unterhalten und dafür überhöhte Gebühren eingestrichen. Die Verantwortlichen hätten nicht hinterfragt, wieso die auf Privatkunden spezialisierte Bank in großem Stil mit Fonds Geschäfte machte. Diese seien für die Bankspitze schlicht zu profitabel gewesen, um darauf zu verzichten, sagte Branson. "Das Management hat klare Warnsignale ignoriert und das Kontrollsystem versagt."

Wiederholte Verdachtsfälle

Schon in anderen Fällen war die Bank ins Visier der Behörden geraten – etwa beim Korruptionsskandal um den brasilianischen Ölriesen Petrobras oder beim US-Steuerstreit. Mit 211 Mio. Dollar zahlte das Institut mehr als jede andere vergleichbare Bank, um sich von einer Strafverfolgung durch die US-Justiz freizukaufen. Für den aktuellen Fall zieht die Finma 95 Mio. Franken (85,55 Mio. Euro) von der BSI ein. Einzig die UBS musste im Devisenskandal bisher mehr an die Finma abliefern. Bußen kann die Finma nicht aussprechen.

Auch für das Management hat der Finma-Entscheid Folgen: BSI-Chef Stefano Coduri muss gehen und wird durch Roberto Isolani ersetzt. Zudem wechsle das Institut den Risiko-Chef und den Chefjuristen aus. "Keiner der verantwortlichen Top-Manager darf in der EFG Gruppe ähnliche Stellen übernehmen", sagte Finma-Chef Branson. EFG erwirbt BSI von der brasilianischen Bank BTG Pactual, die einem Insider zufolge nun weniger als die ursprünglich vereinbarten 1,33 Mrd. Franken dafür bekommen soll. Um wie viel der Kaufpreis sinkt, war zunächst unklar. Dafür werde BTG eine Entschädigung vom früheren BSI-Eigentümer Generali verlangen, fügte der Insider hinzu. BSI zufolge haben die Behörden in Singapur grünes Licht gegeben für die Übertragung der Vermögen in Singapur an EFG. Asien ist einer der wichtigsten Märkte für BSI.

Großer Schaden

An der Börse sanken die EFG-Aktien um weitere 1,4 Prozent. Die finanziellen Folgen des Falls auf EFG seien zwar abgesichert, erklärte ZKB-Analyst Michael Kunz. "Der immense Reputationsschaden lässt sich aber nicht mehr abwenden." Er beurteile den Zusammenschluss weiterhin sehr skeptisch.

Gemeinsam kommen EFG und die etwa gleich große BSI auf ein verwaltetes Vermögen von rund 170 Mrd. Franken und steigen damit zur Nummer fünf auf dem umkämpften Schweizer Markt auf. Die fusionierte Bank spielt also künftig in einer Liga mit Wettbewerbern wie Pictet oder Safra Sarasin, deutlich größer sind nur die Branchenführer UBS, Credit Suisse und Julius Bär. (APA/Reuters, 24.5.2016)