Vergeben und vergessen? Nach mehr als zwei Jahren ideologischer Konfrontation zwischen Russland und dem Westen sendet Kremlchef Wladimir Putin versöhnliche Signale an Europa aus: "Unlösbare Probleme in unseren Beziehungen mit der EU gibt es nicht", versicherte Putin vor seinem Besuch in Griechenland und rief zur Wiederbelebung einer "vielschichtigen Partnerschaft" auf, die allerdings nur möglich sei, wenn die Interessen beider Seiten berücksichtigt würden.

Als eine Geste guten Willens kann auch der Austausch der ukrainischen Pilotin Nadeschda Sawtschenko gegen die beiden russischen Soldaten Jewgeni Jerofejew und Alexander Alexandrow angesehen werden. Der Schauprozess gegen Sawtschenko hat dem Image Russlands ohnehin genug geschadet. Putins Sprecher Dmitri Peskow unterstützte gar – zumindest rhetorisch – Kiewer Ambitionen auf die Rückkehr des Donbass in den ukrainischen Staat; wenn dies aus humanen Beweggründen geschehe.

Das Bestreben, aufeinander zuzugehen, ist zu erkennen, muss aber mit Taten untermauert werden – von beiden Seiten übrigens, denn eine Dauerkonfrontation kann niemand wollen auf dem Kontinent. Gesten und Floskeln allein reichen nicht aus. Der Minsker Prozess muss wieder in Gang gebracht werden. Dazu ist Druck nötig; Druck, den Moskau auf die Separatisten ausüben muss, aber auch Druck aus Brüssel auf Kiew, sich an die Vereinbarung zu halten. (André Ballin, 26.5.2016)