Der Arbeitstag von Chan Srirapong endet um 4 Uhr. Weniger als drei Stunden später ist er wieder auf den Beinen und bringt seine zwei Kinder zur Schule. Danach klappert Chan die Großhändler ab und kauft Waren für seinen Verkaufsstand am Silom-Nachtmarkt in Bangkok.

Sobald es dunkel wird in Thailands Hauptstadt, brummt das Geschäft auf den Märkten: Einheimische und Touristen drängen sich zwischen den Ständen in der schwülen Nachtluft, ein Durchkommen ist fast unmöglich. Zu kaufen gibt es alles – von T-Shirts, Schmuck und Fake-Designertaschen bis zu Baseballschlägern und Potenzmitteln.

600 Händler betroffen

Doch damit könnte bald Schluss sein. Geht es nach den Behörden, muss der Markt weg. "Derzeit verdiene ich gerade genug, um meine Frau, Kinder und Eltern zu ernähren", sagt Chan. "Ich arbeite sieben Tage die Woche und nun wollen mir die Behörden meine einzige Verdienstquelle wegnehmen." Etwa 600 Händler sind betroffen, falls die Stadtverwaltung ihre Drohung wahr macht und Ende Mai die Gehsteige an der Silom-Kreuzung im Zentrum von Bangkok räumt. Manche der Händler seien seit 20 Jahren hier, sagt Chan.

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Rund 600 Händler sind betroffen, sollte der Straßenmarkt von Silom in Bangkok geräumt werden.
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"Wir haben Räumungsbescheide an die Läden erteilt", sagt Vallop Suwandee von der Stadtverwaltung. "Die Stadt will, dass die Gehwege wieder den Fußgängern und Bürgern gehören." Es habe sehr viele Beschwerden wegen der Straßenhändler gegeben: Fußgänger seien auf die Straßen abgedrängt worden, Müll landete ebenfalls dort.

Bei Touristen beliebt

Andere Straßenmärkte hat dieses Schicksal bereits ereilt. Märkte und Garküchen sind in den vergangenen Jahren verschwunden, zum Leidwesen vieler Einheimischer und Besucher. Silom ist bei Touristen beliebt, dies hatte den Nachtmarkt bisher vor der Schließung bewahrt.

Manche hoffen immer noch, dass die Behörden nicht Ernst machen. "Der Markt sollte bleiben", meint eine Frau aus Karlsruhe. Er locke Touristen und sei ein wichtiger Teil einer Reise nach Thailand, fügt die Urlauberin hinzu. "Es ist unser erstes Mal in Bangkok und Silom war eine der Straßen, die wir erleben wollten. Das gibt es sonst nirgends auf der Welt", sagt sie. Ein Paar aus dem spanischen Alicante stimmt zu: "Es ist toll hier, wie können sie nur einen solchen Ort schließen?"

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Touristen lieben den Markt. Manche Bewohner Bangkoks beklagen aber die Rattenplage, die durch Essensreste verursacht wird.
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Dem Tourismus-Argument kann die Nachtmarkt-Gegnerin Oraya Sutabutr jedoch nur wenig abgewinnen: "Ich will diese Leute fragen, ob sie solche Verkäufer in ihren Heimatländern haben möchten. Wollen die Touristen die Ratten und Kakerlaken, die es gibt, wenn Essensabfälle auf der Straße liegen?" Die Professorin an der Thammasat-Universität und gleichgesinnte Aktivisten des "Bangkok Sabai Walk"-Projekts wollen die Gehwege der Stadt verbessern. "Die Touristen kommen und sehen das nur für ein oder zwei Tage und denken, das sei nett und einzigartig. Aber würden sie diese Händler auf der Hauptstraße in München haben wollen?"

Ja, sie sei für die Entfernung der Straßenhändler, betont Oraya. "Sie sind illegal, zahlen keine Steuern und nutzen öffentlichen Raum für ihren Profit." Sie störe nicht nur der Müll – die Händler machten es vor allem für ältere Menschen, Mütter mit Kindern oder Behinderte schwierig, sich in der Stadt zu bewegen. "Wir hassen die Händler nicht, aber wir versuchen, für die Fußgänger zu kämpfen."

Dialog gesucht

Straßenhändler Chan will das so nicht auf sich sitzen lassen. Der Müll komme von allen, auch von den regulären Geschäften, meint er. Steuern zahle er nicht, das sei richtig. "Das könnten wir uns nicht leisten." Aber jeder Händler bezahle die Stadt für die Straßenreinigung. Er hofft auf Dialogbereitschaft seitens der Stadtverwaltung. Die Händler wollten wissen, warum man ihnen jetzt auf einmal ihre Lebensgrundlage wegnehme und welche Alternativen die Stadt anbiete.

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Nicht jeder Händler kann es sich leisten, Steuern zu bezahlen. Die Kosten für die Straßenreinigung tragen aber auch Kleinsthändler mit.
Foto: AP / Mark Baker

Chan schlägt spätere Öffnungszeiten für den Nachtmarkt vor, um Passanten weniger zu stören. "Jeder, der nach 21.00 Uhr abends nach Silom kommt, ist nur wegen des Marktes und der Bars hier." Die Räumung des Nachtmarktes solle aufgeschoben werden, sagt Chan. "Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll, wenn sie den Markt schließen. Wer soll dann für meine Familie sorgen?" (APA, red, 27.5.2016)