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In der RBS wurde gegen zahlreiche Richtlinien verstoßen.

Foto: Reuters/Bader

Wien – Die Causa ist schon über viele Schreibtische und durch noch mehr Hände gegangen – ein Abschluss des Strafverfahrens ist trotzdem noch nicht in Sicht. Seit 2013 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Ex-Manager der kleinen steirischen Raiffeisenbank St. Stefan-Jagerberg-Wolfsberg (RBS), seine Frau und 18 weitere Beschuldigte. Es geht um den Verdacht der Untreue bzw. Beihilfe dazu. Der Schaden, den man ihnen anlastet: 17,5 Mio. Euro.

Der einstige Banker soll "gegen zahlreiche interne Kreditvergaberichtlinien" verstoßen und "wirtschaftlich nicht vertretbare" Kredite in Kroatien vergeben haben – von denen viele prompt notleidend wurden. Kreditvermittler sind in die Sache involviert, zudem war die Frau des Ex-Bankers an einer Gesellschaft in Kroatien beteiligt, die von der Bank verwertete Grundstücke billig erwarb – mit Geld der RBS. Laut Darstellung des Ehepaars in Einvernahmen war die Frau weder über Zweck noch Tätigkeit der Gesellschaft informiert. "Sie war baff, als sie die Geschichte erfuhr", sollte der Ex-Banker später aussagen.

100 Millionen Euro nach Kroatien

Insgesamt soll er rund hundert Mio. Euro an Krediten nach Kroatien vergeben haben; die Hälfte davon wurde notleidend (Stand 2014). Aus einer seiner Aussagen: "Es ist mir alles über den Kopf gewachsen."

Nach rund drei Jahren schlapper Ermittlungen hat der Staatsanwalt Ende 2015 einen Sachverständigen bestellt. Er soll das Zustandekommen von Krediten (17,5 Mio. Euro) abklopfen; auf Sicherheiten, Bonitätseinstufungen, Risikofaktoren, Vorsorgen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat Wirtschaftsprüfer Fritz Kleiner bestellt – er hat u. a. die kroatischen Leasinggeschäfte der Hypo Steiermark begutachtet.

Aufgeflogen war die Sankt-Stefan-Sache nach einer Vor-Ort-Prüfung, die die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA durch die Notenbank durchführen ließ. Die Prüfer stellten jede Menge Verstöße gegen Kreditvergaberichtlinien fest, die FMA erstattete Anzeige. Auch interne Revision und steirischer Raiffeisenverband prüften und konstatierten Verfehlungen.

Rauswurf in Raten

Die – erste – Reaktion der Bank-Verantwortlichen: Sie trennten sich im April 2011 vom Chef: einvernehmlich. Der Mann bekam seine gesetzliche Abfertigung – plus Beratervertrag. Erst im Juli 2012 wurde er dienstfrei gestellt und per Juli 2013 gekündigt.

Im Herbst 2012 begannen Bank und Ex-Banker Gespräche über eine Schadenswiedergutmachung, die 2013 finalisiert wurden: Das Ehepaar zahlte 1,4 Mio. Euro. Die zwei Beschuldigten – für alle gilt die Unschuldsvermutung – versilberten ihr gesamtes Vermögen. Damit sollte die Sache vom Tisch sein; man ging zivilrechtlich von einem Schaden von maximal zehn Mio. Euro aus. Auch jene Sparbücher der Frau gingen an die Bank, auf denen Gelder aus der genannten kroatischen Gesellschaft gelandet waren. "Ich habe meine Frau gedrängt, 50-Prozent-Gesellschafterin zu werden", sagte der Mann einmal aus, denn es wäre "problematisch gewesen, wenn ich die Anteile selbst gehalten hätte".

Aktenüberlastung bei der Polizei

Details wie diese aperten aber nur langsam aus der Causa heraus. Denn die Grazer Polizei litt unter "Aktenüberlastung", man könne "keine sachdienlichen Ermittlungen führen", berichteten die Kriminalisten im Juli 2013. Drei Monate später galt dasselbe, erst am 10. Februar 2014 kam das Go: "Nunmehr laufen die Ermittlungen an." Und in der Justiz wurde der Fall weitergereicht, von der Grazer Staatsanwaltschaft zur WKStA Wien, zur WKStA Graz.

Parallel zum wachsenden Erkenntnisstand veränderte sich allerdings der Zugang der RBS zu der Causa. Sie erstattete in der Zwischenzeit ebenfalls Anzeige und hat sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte angeschlossen – die Schadenswiedergutmachung sei zu gering ausgefallen, erklärt Michael Spitzer, der Kroatien-Beauftragte der Raiffeisen-Bankengruppe Steiermark.

2955 offene Kreditverträge

Dass er involviert ist, kommt nicht von ungefähr. Denn in Kroatien hat sich eine breite Front von Kreditnehmern gegen die steirischen Raiffeisenbanken gebildet, mit denen der Sektor seit längerem Befriedung sucht. In einem Bericht des Innenministeriums (Juli 2014) ist von 2955 offenen Kreditverträgen steirischer Raiffeisenbanken an kroatische Kunden die Rede. Laut Spitzer sind die Vorwürfe, Raiffeisen bringe Kunden um ihr Hab und Gut, "an den Haaren herbeigezogen: Wir führen jede Woche Gespräche zu gütlicher Einigung." Bei den Anschuldigungen handle es sich um "Schmutzwäsche von Kunden, die Kredite nicht zahlen wollen".

Und noch zurück zur RBS: Die Erstellung des Gutachtens könnte bis zu einem Jahr dauern. (Renate Graber, 28.5.2016)