Achtung, gleich gibt es Spoiler. Wenn Sie die letzten Folgen von "Game of Thrones" nicht gesehen haben, ist dieser Text für Sie dunkel und voller Schrecken. Wenn Sie dennoch weiterlesen, kann Ihnen auch der Herr des Lichts nicht helfen, ebenso wenig wie die Sieben, die alten Götter des Waldes, der ertrunkene Gott, der Gott des Todes, der Große Hengst oder auch weniger bekannte Götter wie die Weinenden Damen von Lys oder die Schwarze Ziege von Qohor. Me nem nesa. Alles klar?

Uiuiui ... Vorschau auf die nächste Folge.
GameofThrones

Fast traute man sich nach den Ereignissen der vergangenen Woche – trauriges Stichwort "Hodor" – nicht, den Fernseher einzuschalten. Welcher Liebling würde diese Woche dran glauben müssen, welcher Schattenwolf aus der Versenkung geholt, nur um den Schattenwolfbestand noch mehr zu dezimieren? Nichts dergleichen, diese Folge gab die Möglichkeit, einmal durchzuatmen. Keine Schlachten, Morde, Komplotte, stattdessen standen bei "Blood of my Blood" Familienzusammenführungen und Rückbesinnung auf die eigene Identität und den eigenen Charakter im Vordergrund.

Hallo Onkel!

So wurde der Kreis der noch lebenden Verwandten der glücklosen Starkkinder um zwei verschollen geglaubte Angehörige erweitert: Onkel Benjen, abgängig seit der ersten Staffel, und Onkel Edmure, den man seit seiner "Roten Hochzeit" nicht mehr gesehen hat.

Wer sind Sie, vermummter Fremder?
Foto: Sky/HBO

Benjen rettet nördlich der Wand den immer noch "gewargten" Bran und Meera vor den Zombies des Nordens. Ausgestattet mit den praktischen Feuerkugeln der Kinder des Waldes und einigen Survivaltricks hat er sich anscheinend im Norden ganz gut eingelebt. Seine ungesunde Gesichtsfarbe ist wenig verwunderlich, ist er doch sowohl von den White Walkern als auch von den Kindern des Waldes mit unterschiedlichen Zauberschwertern aufgespießt worden, wie er erzählt. Angenehm ist sicherlich anders. Und wie es aussieht, ist es Brans Schicksal, dass er sich – fertig ausgebildet oder nicht – dem gruseligen Night King in den Weg stellt.

Onkel Edmure hingegen taucht als Faustpfand der Freys wieder auf, die sich allmählich einer wachsenden Anzahl von Feinden in den Flusslanden gegenübersehen. Die Burg "Riverrun" ihres ehemaligen Lehnsherrn haben sie an den rechtmäßigen Besitzer Brynden "Blackfish" Tully verloren, wie wir schon in der letzten Folge von Littlefinger erfahren haben. Nun soll Jaime Lannister mit einer Armee für Ordnung sorgen und den Freys zur Hilfe kommen. Man bekommt aber das Gefühl, dass es den Freys nun langsam an den Kragen gehen könnte. Der Norden vergisst nicht und wir auch nicht.

Kings Landing in Spatzenhand

Jaime hat in Kings Landing auch einen äußerst unerfreulichen Tag hinter sich. Eigentlich wollte er als strahlender Held den High Sparrow in seine Schranken weisen und mit einer Tyrell-Armee im Rücken Margaery und ihren Bruder befreien. Doch er wird mit einer auf den ersten Blick gehirngewaschenen Margaery konfrontiert, die noch dazu seinen Sohn Tommen, den König, zur Sekte geführt hat.

Das war's wohl fürs Erste mit dem Laizismus in Westeros, Religion und Macht sind jetzt zu einer unheilvollen Säule verschmolzen. Ganz vorsichtig formuliert: Das nimmt wohl kein gutes Ende. Doch ist die bis zuletzt so toughe und taktisch kluge Margaery wirklich so religiös bekehrt, wie sie vorgibt zu sein? Und was wird Cersei nun tun, um ihr letztes lebendes Kind zurück auf ihre Seite zu holen? Na wenigstens sind sie und Jaime wieder in inniger geschwisterlicher Liebe verbunden.

Familienhorror

Währenddessen muss sich auch der heimgekehrte Sam seinen Dämonen stellen. Den neuen Partner zum ersten Mal den Eltern vorzustellen ist wohl für jeden nervenaufreibend. Doch wenn einen der eigene Vater bei der letzten Begegnung enterbt, mit dem Tod bedroht und in die eisige Verbannung geschickt hat, wird diese Situation noch um einiges verschärft. Zumal Sam eigentlich erhofft, dass die Eltern Freundin und Bastard daheim aufnehmen.

Bitte schau nicht so traurig Sam, wir glauben an dich!
Foto: Sky/HBO

Entsprechend angenehm verläuft auch das erste gemeinsame Abendessen. Charmebolzen Randyll Tarly beschimpft Sam auf alle möglichen Arten ("Fett", "Bücherwurm", "kein Kämpfer") und outet sich als übler Wildlingsrassist. Sam wird erneut verstoßen, Gilly und Baby zunächst aufgenommen. Doch Sam besinnt sich seiner inneren Stärke und nimmt seine kleine Familie inklusive Erbschwert aus valyrischem Stahl in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einfach mit. Schwer vorstellbar, dass sein Vater diese Schmach einfach so auf sich sitzen lässt.

Codename Mercy

Selbe Zeit, anderer Kontinent. Auch in Essos werden unsere Protagonisten mit ihrer Vergangenheit konfrontiert. Arya ist unter Decknamen Mercy nach wie vor auf Tötungsmission im Auftrag der Faceless Men unterwegs. Die nette Schauspielerin soll dran glauben, doch Arya ist eben Arya und bringt Morde abseits ihrer eigenen "Kill-List" und moralischen Vorstellungen doch nicht über sich. Das war's dann mit der letzten Chance ein gesichtsloser Killer zu werden. Und schon ist Needle wieder ausgebuddelt. Willkommen zurück, Arya! Und bitte pass auf, die Faceless Men sind jetzt leider hinter dir her.

Wir haben heute leider kein Gesicht für dich, Arya.
Foto: Sky/HBO

Qoy Qoyi

Auch auf Danaerys wartet eine Familienzusammenführung. Der verschollene Drache Drogon, der einen ordentlichen Wachstumsschub hinter sich hat, ist zu seiner Mutter zurückgekehrt. Die fliegt prompt eine Runde auf ihm und macht in einer mitreißenden Motivationsrede einfach mal die gesamte Khalasar zu ihren Blutreitern. So ein enthusiastisches Heer hat in Westeros niemand. Doch was ist mit den anderen beiden Drachen? Was passiert mit Tyrion, Varys und ihrem "alten" Heer? Werden die auf dem Weg nach Westeros abgeholt? Ach ja, die Schiffsfrage. "Wer besitzt 1.000 Schiffe?" Erstmal niemand, aber Euron Greyjoy baut gerade an einer solchen Flotte.

Als Drogon noch ein Baby war ...
Foto: Sky/HBO

Einmal kurz durchgeatmet

Das war also die Verschnauffolge. Die haben wir uns verdient, haben wir doch schon einiges mitgemacht in dieser Staffel, und auch die Namen der nächsten Folgen lassen noch einiges an Drama erahnen, Stichwort "Battle of Bastards". Die Figuren sind für die nächsten folgenschweren Konfrontationen in Stellung gebracht und sind quer durch die Bank innerlich gestählt und ganz bei sich – mit Ausnahme von Tommen und Margaery vielleicht.

Vermutlich geht es einfach so aus.

Sehr interessant sind auch Brans Visionen: mehrere Eindrücke der weiter in den Süden ziehenden White-Walker-Armee und ein Blick auf die Ermordung von Mad King Aerys durch Jaime. Was hat das zu bedeuten? Kommt hier eventuell die Fantheorie zum Tragen, dass Bran, ähnlich wie bei Hodor, durch einen Zeitreisenmurks auch für den Wahnsinn des letzten Targaryen-Königs verantwortlich ist? Und eine Frage an die Buchleser: Ist Benjen Stark Coldhands? Und wie sehr sind Sie Ihrer Umgebung mit "Hold the Door"-Rufen an jeder Tür auf die Nerven gegangen? (Anya Antonius, 30.5.2016)