Österreicher in ländlichen Gebieten sind im EU-Vergleich am wenigsten von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Auf diesem Bild ist die Marktgemeinde Telfs zu sehen.

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Brüssel/Wien – Wer auf dem Land lebt, hat es gut: Nur jeder siebente Bewohner von Österreichs ländlichen Gebieten ist von Armut bedroht – das ist EU-weit der niedrigste Wert.

Dieser statistische Befund kontrastiert scharf mit der Beobachtung der beiden letzten Wahlgänge, dass gerade Personen, die sich besonders von der gesellschaftlichen Entwicklung bedroht sehen, freiheitlich wählen. Tatsächlich sind die wenig armutsgefährdeten Landstriche auch jene, in denen zuletzt FPÖ-Kandidat Norbert Hofer große Mehrheiten einfahren konnte – gleichzeitig besagt die in der Vorwoche veröffentlichte Wahlforschung von Fritz Plasser und Franz Sommer, dass mangelndes Vertrauen in die Politik sowie soziale und finanzielle Abstiegsängste die Wahlentscheidung bei der Bundespräsidenten-Stichwahl geprägt haben.

Erfolgreiche Regionalpolitik

Gerade die relativ erfolgreiche Regionalpolitik – das Regionalmanagement sowie diverse Förderungsprogramme greifen vor allem in als "strukturschwach" geltenden Gebieten – dürfte aber für das gute Abschneiden des ländlichen Raumes verantwortlich sein.

Eine am Montag von der europäischen Statistikagentur Eurostat veröffentliche Untersuchung besagt: Nirgendwo in der Europäischen Union sind der ländliche Raum und seine Bewohner so wenig von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht wie gerade in Österreich. Mit 14,1 Prozent weist die Landbevölkerung der Alpenrepublik den geringsten Anteil auf. Der EU-Durchschnitt liegt hier bei 27,1 Prozent, Spitzenreiter ist Bulgarien mit 51,4 Prozent.


Überhaupt ist in Österreich das Verhältnis von Stadt und Land anders als im EU-Schnitt: Hierzulande ist die soziale Sicherheit auf dem Land höher ausgeprägt als in den Städten – EU-weit dominiert das gegenteilige Muster.

Arme Städter

Anders als im EU-Ausland sind Städter in Österreich mit 28,3 Prozent weit mehr von Armut bedroht. Das ist der vierthöchste Anteil in diesem Bereich in der EU, wo der Durchschnitt bei 24,4 Prozent liegt. Höhere Quoten als Österreich weist nur die Stadtbevölkerung in Griechenland (34,1 Prozent), Bulgarien (30,0 Prozent) und Belgien (28,6 Prozent) auf. Am geringsten sind Städter in Tschechien von Armut bedroht (13,9 Prozent).

Bei kleineren Städten und Vororten ist Österreich mit einer Quote von 16,9 Prozent nur in vergleichsweise geringem Ausmaß von Armut bedroht. Noch niedrigere und damit bessere Werte weisen nur Dänemark (14,5 Prozent), Tschechien und Schweden (je 15,4 Prozent) auf. Griechenland liegt am anderen Ende mit 32,9 Prozent in diesem Bereich am höchsten. Der EU-Durchschnitt beträgt 22,2 Prozent.

Beschäftigung entscheidet

Eurostat hat festgestellt, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der Armutsgefährdung und der Beschäftigung gibt.

Die Daten korrelieren mit jenen der Beschäftigungsquote in Städten, kleineren Städten/Vororten sowie ländlichen Gebieten. Österreich liegt bei der Beschäftigungsrate in ländlichen Gebieten mit 77,6 Prozent an vierter Stelle und damit deutlich über dem EU-Durchschnitt von 69,8 Prozent. Besser liegen Schweden (81,9 Prozent), die Niederlande (79,6 Prozent) und Großbritannien (79,4 Prozent). Schlusslicht bei der Beschäftigungsquote auf dem Land ist Bulgarien mit 56,7 Prozent.

In den Städten kommt Österreich dagegen nur auf 68,9 Prozent Beschäftigungsquote der 20- bis 64-Jährigen und damit auf Rang 18. Der EU-Durchschnitt ist mit 70,0 Prozent höher. Am höchsten liegt der Wert mit 79,8 Prozent in Schweden, am niedrigsten mit 53,0 Prozent in Griechenland.

In kleineren Städten und Vororten weist Österreich eine Beschäftigungsrate von 75,3 Prozent auf und liegt damit über dem EU-Durchschnitt von 70,2 Prozent. Wiederum liegt Schweden mit 80,1 Prozent vorn, und Griechenland ist hier mit 54,5 Prozent Letzter. (cs, APA, 30. 5. 2016)