14 Prozent der im Städtebarometer Befragten haben in der Flüchtlingshilfe mitgearbeitet.

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Wien – Die Flüchtlingsdebatte bewegt die Bewohner der österreichischen Gemeinden. In ihrer Einschätzung schwankt die Bevölkerung zwischen Besorgnis und Zuversicht stark, wie das am Dienstag präsentierte Städtebarometer zeigt. In der jährlich vom Sozialforschungsinstitut Sora durchgeführten Studie wurden im vergangenen März 1.056 Menschen ab 16 Jahren, die in einer der 248 Mitgliedsgemeinden des Städtebundes leben, zu ihrer Einschätzung des Lebens in den Städten befragt. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Aufnahme von Asylsuchenden.

Viel Diskussion über Flüchtlinge

Dabei gab ein Großteil der Befragten an, sich in den vergangenen Monaten mit dem Thema beschäftigt zu haben. Acht von zehn Personen haben zumindest mit jemandem über Flüchtlinge diskutiert. 72 Prozent haben sich näher darüber informiert. Viele wurden aber auch aktiv: 36 Prozent haben für Flüchtlinge gespendet, und 14 Prozent haben in der Flüchtlingshilfe mitgearbeitet. Ein Drittel der Befragten gab zudem an, Kontakt mit Flüchtlingen gehabt zu haben. "Das Thema Flucht und jene Menschen, die nach Österreich gekommen sind, bewegen die Bevölkerung stark", sagt Sora-Geschäftsführer Günther Ogris.

Allerdings gebe es in den Städten "gemischte Gefühle". Die Emotionen bezüglich der Flüchtlingssituation in und rund um Österreich seien überwiegend negativ. Hier geben 25 Prozent der Befragten an, dass sie verärgert sind, 34 Prozent zeigen sich besorgt. Lediglich 34 Prozent sind zuversichtlich und ein Prozent gar stolz.

Zuversicht in der Nähe

Optimistisch ist die Stimmung jedoch in puncto Flüchtlingshilfe. 48 Prozent der Befragten gaben an, zuversichtlich zu sein. Bei der Integration von Flüchtlingen in der Gemeinde zeigten 52 Prozent und in ganz Österreich 41 Prozent Zuversicht. "Je näher ein Flüchtling ist, desto eher wirkt er als Mensch und als gut integrierbar", erklärt Ogris. Bei der Einschätzung der Flüchtlingsarbeit der verschiedenen politischen Ebenen zeigt sich dasselbe Bild: So schätzen sechs von zehn befragten Personen die Arbeit ihres Bürgermeisters als sehr gut oder gut ein, das Handeln der Bundesregierung nur noch knapp die Hälfte. Besonders schlecht wurde die Arbeit des Europäischen Rats beurteilt. Sieben von zehn Personen befinden diese als wenig oder gar nicht gut.

Von Personen, deren Heimatgemeinden Flüchtlinge aufgenommen haben, sagen 59 Prozent, das Zusammenleben in ihrer Gemeinde funktioniere gut. Dabei beurteilen jene Menschen die Aufnahme positiver, die hinsichtlich ihrer Arbeitsplatzsituation und des Lebensstandards im Alter zuversichtlich sind. Neun von zehn befürchten durch die Flüchtlinge keine Auswirkungen auf die eigene Situation am Arbeitsmarkt oder im Sozialleben.

Wien kommt zurande

Zwar seien im vergangenen Jahr mehr Menschen nach Wien zugezogen, die Bundeshauptstadt würde mit der Situation aber zurande kommen, auch wenn noch 50.000 Menschen kommen würden, sagt Bürgermeister Michael Häupl. Es ginge um viel, sagt der SPÖ-Politiker. Österreich könne die Flüchtlingskrise aber nicht allein bewältigen. "Wenn alle Länder Europas ebenso viele Flüchtlinge wie wir aufnehmen, können auch zwei Millionen betreut werden."

Die Einschätzung teilen auch die Befragten: 72 Prozent sind der Meinung, es sei Pflicht, Flüchtlinge aufzunehmen und menschenwürdig unterzubringen. 69 Prozent wollen, dass jede österreichische Gemeinde je nach Einwohnerzahl Flüchtlinge aufnimmt. Jedoch finden 41 Prozent, Österreich solle sich zuerst um die Probleme im eigenen Land kümmern. (Oona Kroisleitner, 31.5.2016)