Mit moderner Architektur wie der Neuen Mitte Lehen auf dem Gelände des ehemaligen Fußballstadions versucht die Stadt dem Verfall des Stadtteils entgegenzuwirken.

Foto: Stadt Salzburg / Johannes Killer

Salzburg – Eine Messerstecherei im September vergangenen Jahres, bei der ein 50-jähriger Türke ums Leben gekommen ist, war der traurige Höhepunkt einer langen Entwicklung im und um den Lehener Park im gleichnamigen Salzburger Stadtteil. Seit Jahren galt der kleine Park in Salzachnähe als Drogenumschlagplatz, an dem auch rivalisierende Gruppen ihre Fehden ausgetragen hatten. Im September soll ein junger Afghane zugestochen haben. Die Causa wird derzeit vor dem Landesgericht verhandelt.

Beruhigt hat sich die Lage nach Darstellung der Polizei auch nach der tödlichen Attacke nicht. Zwar hat das Stadtgartenamt Bäume und Sträucher zurückgeschnitten, die Beleuchtung wurde verbessert, der Drogenhandel war damit freilich nicht zu Ende.

Seit vergangenem Wochenende ist der Park nun zur Schutzzone erklärt worden. Die Bestimmung laut Sicherheitspolizeigesetz gilt vorerst für ein halbes Jahr. Sie räumt der Exekutive jede Menge Sonderrechte ein. In erster Linie geht es dabei um die Wegweisung verdächtiger Personen und um die Verhängung von Betretungsverboten. Kontrollen gibt es rund um die Uhr.

Stadtteil mit 15.000 Einwohnern

Die Eskalation rund um die kleine Grünfläche ist freilich nur die sprichwörtliche Spitze des Eisberges in dem rund 15.000 Einwohner zählenden Stadtteil Lehen. Seit Jahrzehnten bündeln sich hier die sozialen Probleme wie unter einem Brennglas.

Eine der Ursachen sei die Wohnungspolitik, sagt Ulrike Saghi, Sozialsprecherin der Bürgerliste im Gemeinderat. Mit der Privatisierung von Genossenschaftswohnungen hätte die Stadt das Zuweisungsrecht verloren. In der Folge hätten die Eigentümer zu Höchstpreisen an Ausländer vermietet, die zugreifen mussten, weil sie sonst nirgendwo untergekommen wären. Das Ergebnis ist eine Ghettobildung: In manchen Volksschulklassen sitzen nur mehr drei bis fünf Kinder mit deutscher Muttersprache. Saghi spricht von "strukturelle Gewalt in der Stadt".

Mit zum Niedergang des Stadtteils beigetragen hat auch der Verkehr. Die ehemals als Einkaufsstraße konzipierte Ignaz-Harrer-Straße ist heute eine der meistbefahrenen Straßen Salzburgs. "Ignaz-Horror-Straße" heißt die Hauptverkehrsader im Jugendslang. Viele Geschäfte stehen leer.

Nach und nach kamen dann die Wettlokale hierher. Salzburg gilt österreichweit mit geschätzt rund 600 illegalen Automaten als Hauptstadt der Automatenzockerei. Gerade rund um die Glücksspiellokale schreite die Verslumung rasch voran, sagt auch die SPÖ-Fraktion im Gemeinderat.

Architektur und Soziales

Die Stadtpolitik versucht dem Verfall des Stadtteils, in dem immerhin zehn Prozent aller Salzburger leben, schon seit längerem entgegenzuwirken. Ein Hebel ist der Neubau ganzer Viertel: Auf dem Gelände des ehemaligen Stadions steht nun die Neue Mitte Lehen mit der Stadtbibliothek. Auf dem Stadtwerkeareal, wo früher die Gasometer standen, gibt es Wohnungen und die Stadtgalerie. Beim Kraftwerk Lehen ist ein neues Naherholungsgebiet entstanden.

Auch im Sozialbereich versucht man gegenzusteuern. Die Jugendbeauftragte des Magistrats, Isabel Bojanovsky, setzt dabei auf eine Mischung aus aufsuchender Sozialarbeit und Aktivitäten der Jugendlichen selbst. Bojanovsky hat zumindest eine positive Erfahrung rund um die Konflikte beim Lehener Park gemacht: Die Jugendlichen seien ziemlich sauer, dass ihnen ihr Park von den Kriminellen streitig gemacht werde. Hier gelte es anzusetzen. (Thomas Neuhold, 2.6.2016)