Virginia Raggi bei einer Pressekonferenz in Rom. Die Kandidatin der Fünf-Sterne-Protestbewegung von Beppe Grillo lag in allen Umfragen in Führung.

Foto: Imago / Insidefoto / Samantha Zucchi

"Wenn Virginia nicht gewählt wird, dann bringe ich mich um!", posaunte Beppe Grillo im Wahlkampf hinaus. Das war keineswegs pessimistisch gemeint, im Gegenteil: Der Komiker darf sich gute Chancen ausrechnen, mit der 37-jährigen Anwältin Virginia Raggi die Kommunalwahl in der Hauptstadt Rom zu gewinnen. Die vor wenigen Monaten noch völlig unbekannte "Grillina", wie die Politiker der Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) genannt werden, ist der Shootingstar der Stunde; in letzten Umfragen lag sie mit 30 Prozent klar vorn. Ihre wichtigsten Gegner kamen jeweils auf rund 20 Prozent.

Raggi wäre die erste Frau, die seit der legendären Gründung Roms im Jahr 753 vor Christus den Sprung in die Machtzentrale auf dem Kapitolshügel schafft. Für Sonntag wird die Sensation aber noch nicht erwartet, denn von der absoluten Mehrheit schon im ersten Wahlgang ist auch die Favoritin weit entfernt.

Stichwahl so gut wie sicher

Die Würfel werden erst im zweiten Wahlgang fallen, wenn die beiden bestplatzierten Kandidaten zur Stichwahl antreten.

Dabei hat Raggi im bisherigen Wahlkampf nicht gerade brilliert: Ihre Vorschläge zur Lösung der enormen Probleme Roms wirkten zum Teil unbedarft – und mit der Äußerung, dass sie sofort als Bürgermeisterin zurücktreten würde, wenn Grillo dies fordern sollte, nährte sie Zweifel an ihrer politischen Unabhängigkeit. Raggis Vorsprung blieb deshalb so komfortabel, weil auch die Kampagnen ihrer Konkurrenten zu einem Festival der Plattitüden und Fettnäpfchen gerieten.

Im zweiten Wahlgang am 19. Juni könnte es Raggi mit Roberto Giachetti zu tun bekommen, dem Kandidaten des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) von Premier Matteo Renzi. Ebenfalls intakte Chancen haben Alfio Marchini, ein von Silvio Berlusconi unterstützter Baulöwe, sowie die Postfaschistin Giorgia Meloni, die vom polternden fremdenfeindlichen Lega-Nord-Chef Matteo Salvini unterstützt wird.

Den Kommunalwahlen fiebert aber nicht nur Grillo entgegen: Auch Renzi und Berlusconi warten mit Spannung auf die Resultate. Sollte Renzis Kandidat Giachetti in Rom den zweiten Wahlgang verfehlen, wäre dies eine empfindliche Schlappe. Und sollte auch die Wirtschaftsmetropole Mailand verlorengehen, wo ebenfalls gewählt wird, wäre das Debakel perfekt. Renzis Siegerimage, das ihm bei der Zähmung der parteiinternen Widersacher und der Durchsetzung seiner Reformpläne bisher stets geholfen hat, wäre dahin.

Salvini gegen Berlusconi

Für Berlusconi geht es schlicht ums politische Überleben. Der ohnehin schon angezählte Ex-Premier hat sich geweigert, seine ehemalige Jugendministerin Meloni zu unterstützen, weil sich diese mit Lega-Nord-Chef Salvini zusammengetan hatte, der vehement Berlusconis Führungsrolle im Mitte-rechts-Lager infrage stellt. Neben Rom und Mailand wird am Sonntag auch in Turin, Neapel, Bologna, Triest und zahlreichen anderen Städten gewählt.

Insgesamt sind 13,4 Millionen Wähler in 1368 Gemeinden zu den Wahllokalen gerufen. (Dominik Straub aus Rom, 4.6.2016)