Das bedingungslose Grundeinkommen kommt nach dem Willen der Schweizer doch nicht so schnell. Aufgrund der zunehmenden Roboterisierung in der Arbeitswelt bleibt die Diskussion aber virulent.

Foto: Reutert / Ruben Sprich

International am meisten beachtet wurde die Abstimmung über ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle; und dies, obwohl schon vor dem Urnengang klar war, dass es keine Zustimmung geben würde und dass die Schweiz also nicht als erstes Land auf der Welt ein solches Grundeinkommen einführen würde. In der Abstimmung erhielt die entsprechende Forderung nur rund 22 Prozent Zustimmung.

Diskussion für die Zukunft

Dennoch sprechen die Initianten von einem Erfolg: "Das Thema wurde breit diskutiert, die Diskussion über die Zukunft der Erwerbsarbeit ist lanciert, und sie wird weitergehen", sagte Daniel Häni vom Initiativkomitee. Mehr als 20 Prozent Zustimmung im ersten Anlauf, das sei "sensationell". Anders klang es bei den siegreichen Gegnern des "grundlosen Einkommens", wie es der liberale Abgeordnete Andrea Caroni nannte: "Heute gibt es über die Sozialwerke eine große Solidarität in diesem Land. Die Schweizer Bürgerinnen und Bürger tragen diese mit, weil sie wissen, dass sich jeder primär um seinen eigenen Erwerb bemüht und die Solidarität gezielt mit den Bedürftigen spielt."

Vier Abstimmungsvorlagen

Auch bei den übrigen vier Abstimmungsvorlagen folgte das Volk der Regierung:

Ja zu einem neuen Fortpflanzungsgesetz und zum Asylgesetz, Nein zu einer neuen Verkehrsfinanzierung und zu strengeren Vorgaben für den Service public.

Das mit 62 Prozent Ja-Stimmen angenommene Fortpflanzungsgesetz erlaubt unter strengen Voraussetzungen die heute verbotene Präimplantationsdiagnostik (PID). Die genetische Untersuchung von Embryonen, welche durch künstliche Befruchtung erzeugt wurden, wird nun erlaubt, wenn das Elternpaar Träger einer schweren Erbkrankheit ist. Damit kann verhindert werden, dass sich die Erbkrankheit fortpflanzt. Zum Zweiten wird die PID dann erlaubt, wenn Paare auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können. "Alle weiteren Untersuchungen von Embryonen bleiben verboten", so die bundesrätliche Stellungnahme. "Embryonen dürfen auch künftig nicht aufgrund ihres Geschlechts oder anderer Körpermerkmale wie der Augenfarbe ausgewählt werden." Designerbabys werde es also auch künftig nicht geben. Die Gegner aus kirchlichen Kreisen und Behindertenorganisationen mahnten vergeblich, die breite Selektion von Embryonen sei ethisch nicht vertretbar, und warnten vor einem "eugenischen Gesetz".

Schnellere Asylgesetzgebung

Das novellierte Asylgesetz, das rund 66 Prozent Zustimmung erhielt, soll schnellere Asylentscheide bringen und das Asylwesen entlasten. Die SVP hatte dieses Gesetz bekämpft, weil es einen besseren Rechtsschutz für Asylsuchende im Verfahren bringt.

Auch mit der sogenannten "Milchkuh-Initiative" scheiterte die SVP deutlich. Dieses von 30 Prozent der Abstimmenden unterstützte Begehren verlangte, dass sämtliche Einnahmen aus der Benzin- und Dieselbesteuerung für die Finanzierung der Straßeninfrastruktur eingesetzt würden. Der Bundeskasse wären damit jährlich 1,5 Milliarden Franken entgangen, was Sparpakete bei Bildung, sozialer Sicherheit oder Entwicklungshilfe gebracht hätte.

Keine Chance hatte ein Volksbegehren, das Bahn, Post und Telekom strenger regulieren wollte, mit einem Gewinnverbot und mit einem Lohndeckel für die Manager. Die sogenannte "Pro-Service-public-Initiative", welche von einer Konsumentenschutz-Organisation gestartet worden war, erzielte nur rund 31 Prozent Zustimmung. (Klaus Bonanomi aus Bern, 6.6.2016)