Michael Strasser von My Little Tale – ganz ohne Klischee geht Rock nicht.


Foto: Kürbis

Wien – Für eine Karriere als Schmerzenssänger bedarf es einiger Prüfungen. Pflanzt einen das Leben zum Beispiel in Bruck an der Mur auf den Planeten, ist das eine solche Prüfung. Denn dort ist es in den letzten 20 Jahren nicht besser geworden.

Bloß Wohnungsnot gibt es keine, denn die meisten mit zwei gesunden Füßen sind abgewandert. Geschäftslokale sind leer, die Innenstadt verkommt. Anstatt Gegenstrategien zu entwerfen, wird kosmetisch behübscht, werden die Schaufenster leerstehender Geschäfte dekoriert, um den Anschein zu erwecken, es gäbe darin noch Leben.

Michael Strasser kommt von dort. Und wenn er auf seinem neuen Minialbum als My Little Tale "Run, Run, Run!" singt, dann könnte der Song gut und gerne was mit seiner Herkunft zu tun haben.

My Little Tale ist ein Trio. Strasser singt und klampft, am Schlagzeug sitzt Alex Tomann. Den kennt man, auch wenn man ihn nicht kennt. Er hat nämlich das Album Schick Schock von Bilderbuch produziert. Roman Skomorowksi aus Aflenz drückt stellenweise Tasten. Of Nothing heißt das Minialbum, das beim steirischen Qualitätsverlag Kürbis erscheint und heute in Wien, Strassers Wahlheimat, live präsentiert wird, im Local.

Das mit dem Schmerzenssänger soll man nicht falsch verstehen. My Little Tale ist kein Balladenvehikel, das aufs Tränenmeer zusteuert, um dort in Schönheit abzusaufen. Strasser ist anders sozialisiert, US-amerikanischer Gitarrenrock der 1990er. Doch mit My Little Tale kopiert er nicht. Seine Musik verhält sich so wie die Soloalben von Lee Ranaldo zu seiner Arbeit mit Sonic Youth. Sanfter, eine Spur poppiger, kein Lärm- oder Dekonstruktionszwang.

Sechs Songs sind auf Of Nothing drauf, was sich mit dem Bandnamen als "My Little Tale Of Nothing" liest. Brucker Fatalismus. Die Songs schieben ohne Muskelkrampf an, sind lässig, mit gutem Gefühl hingeschissen, wie man sagt.

Dieses Gefühl vermittelte früher schon einmal der Bruder von Michael, Hannes Strasser. Der viel zu früh verstorbene Gitarrist pflegte mit Roter Stern Silberstern und als Gitarrist bei der ersten Aufstellung von Fuzzman eine ähnliche Attitüde, ohne dass sein Bruder sich damit messen müsste oder würde. (Karl Fluch, 6.6.2016)