Flüchtlinge, die von der Küstenwache auf hoher See gerettet wurden, warten im Hafen der libyschen Hauptstadt Tripolis. Die EU will afrikanische Länder dazu animieren, gegen Schlepper vorzugehen.

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Es ist knapp sieben Monate her, dass die 28 Regierungschefs der Union mit ihren Kollegen aus Afrika einen gemeinsamen "Aktionsplan" zur Eindämmung der illegalen Migration nach Europa vereinbart haben. Rund 60 Delegationen hatten sich – auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle aus der Türkei – in der maltesischen Hauptstadt La Valetta beim EU-Afrika-Gipfel getroffen.

Die EU-Kommission kündigte an, zusätzlich 1,8 Milliarden Euro aus dem Budget für dringende Hilfe aufzustellen. Die EU-Staaten sollten gleich viel aufwenden. Mit 3,6 Milliarden Euro wollte man also in etwa so viel in "kontrollierte Migration" aus Afrika investieren – mehr als Monate später in der Türkei zur Versorgung von 2,3 Millionen syrischen Flüchtlingen in Lagern beziehungsweise zur Umsetzung des EU-Türkei-Plans.

Im politischen Gegenzug sollten Rückführungsabkommen abgeschlossen werden, um illegale Migranten zurückbringen zu können. Die afrikanischen Staaten verpflichteten sich, Maßnahmen gegen Schlepper zu ergreifen.

81 Millionen Euro bisher

Bis heute ist aus dem großen Afrika-Aktionsplan nicht viel geworden. Lediglich 81 Millionen Euro haben die EU-Staaten bisher eingezahlt (fünf Prozent der Zusagen), wie der Abgeordnete Othmar Karas (ÖVP) Dienstag im EU-Parlament in Straßburg monierte. Österreich zahlte drei Millionen.

Konkrete Aktionen auf dem afrikanischen Festland, die die Fluchtwilligen an der Überfahrt mithilfe von Schleppern abhalten könnten, blieben aber aus. Das soll nach dem Willen der EU-Kommission nun anders werden. Sie beschloss Dienstag in Straßburg ein neues Paket zum Aufbau von "Migrationspartnerschaften" in Afrika, das von Vizepräsident Frans Timmermans im Plenum präsentiert wurde. Erstes Ziel bleibt, die Flüchtlingsströme zu reduzieren. Die Union will zusätzlich zum Soforthilfefonds einen Investitionsfonds auflegen, um die Staaten zu motivieren, ihre Fluchtwilligen zu halten.

"Positive und negative Anreize"

Dabei soll es "positive und negative Anreize" für Regierungen geben, wie Timmermans sagte, die mit der EU im Sinne des Migrationsstopps kooperieren. Wie genau solche Sanktionen liefen, ist noch offen: Staaten könnten Projekte und Gelder verweigert werden, wenn sie nicht "liefern". Der Vizepräsident machte klar, dass man auf der Libyenroute das tun werde, "was wir auch in der Ägäis gemacht haben: Leben retten, Migranten sollten in ihrer Heimat bleiben können, bessere Ergebnisse bei der Rückführung." Die neuen Partnerschaften gelten zunächst Mali, Niger, Nigeria, Senegal und Äthiopien, daneben wird die Kooperation mit Tunesien und Libyen ausgebaut wie auch mit Jordanien und dem Libanon.

"Der Afrika-Trust-Fonds wird um fünf Milliarden verstärkt", kündigte Timmermans an. Insgesamt würden bis 2020 also acht Milliarden bereitgestellt. Als neues Element der Finanzierung soll es einen "externen Investitionsfonds" geben, der über die EU-Entwicklungsbank (EIB) mit drei Milliarden Euro gespeist wird und private Investoren anlocken soll – ähnlich wie der EU-Fonds für strategische Investitionen (EFSI). Durch Kredithebelung auf den Märkten soll das Volumen auf 31 Milliarden Euro gesteigert werden, wenn die Staaten mitmachen, auf bis zu 62 Milliarden.

Um legale Migration in die EU zu erleichtern, legte die Kommission neue Pläne für die "Blue Card" vor: Die Einwanderungskriterien werden abgemildert. (Thomas Mayer aus Straßburg, 7.6.2016)