Als Teenager erregte er Aufmerksamkeit mit seinen Hacks von iPhone und Playstation 3, nun ist George Hotz erwachsen und hat ein neues "Spielzeug" im Visier: selbstfahrende Autos. Mit seinem Start-up Comma.ai will er bis Ende des Jahres einen Kit auf den Markt bringen, mit dem in Zukunft fast jeder sein Fahrzeug in ein Roboterauto verwandeln können soll.

App soll Daten von echten Autofahrten sammeln

Mit dem Bausatz, der weniger als 1.000 Dollar kosten soll, will Hotz selbstfahrende Autos für die Massen anbieten. Der Einbau soll nicht aufwendiger sein, als ein Möbelstück zusammenzubauen, verspricht Hotz laut "The Verge". Und der Umbau soll bei den meisten Fahrzeugen möglich sein, die über ein elektronisches Stabilisierungssystem und EPS (Electronic Power Steering) verfügen.

Anders als Google, Tesla und weitere Autohersteller kann Hotz aber nicht auf einen eigenen großen Fuhrpark für Testfahren zurückgreifen. Die Daten für das System will er sich daher auf andere Weise beschaffen. Noch im Juni will Comma.ai die Android-App "Chffr" (als Abkürzung für Chauffeur) veröffentlichen, mit der Autofahrer automatisch Daten sammeln. Eine Bestenliste mit der Aussicht auf Gewinne – möglicherweise den Bausatz – soll zum Mitmachen anspornen. Bis Ende 2018 hofft man so Informationen zu einer Milliarde Straßenmeilen gesammelt zu haben.

System soll von guten Autofahrern lernen

Das System soll die Fahrgewohnheiten von Autofahrern aufzeichnen und gute Fahrer imitieren. Wenn also die meisten Fahrer mit einer gewissen Geschwindigkeit in eine Kurve fahren und dann die Geschwindigkeit verringern, soll das System lernen, das ebenso zu tun. Lokale Fahrbedingungen – etwa Unterschiede bei Bodenmarkierungen – soll das System dynamisch erlernen, indem es das Verhalten des Fahrers und der anderen Verkehrsteilnehmer beobachtet.

Hotz geht davon aus, dass das Verhalten schlechter Autofahrer letztendlich ausgeblendet wird. Gute Fahrer seien alle auf die gleiche Art gut, schlechte Fahrer würden aber unterschiedlich schlecht fahren. Das System soll also von der Mehrheit lernen, wobei angenommen wird, dass sich diese Mehrheit im Straßenverkehr richtig verhält.

The Verge

Testfahrt mit "brenzligen Situationen"

In einen aktuellen Acura ILX hat Hotz einen Prototyp des Systems bereits eingebaut – bestehend unter anderem aus Radar, Weitwinkelkamera, großem Touchscreen und Laptop. Das marktfertige Produkt soll indes größer als "ein Brotkasten" und mit GPS verbunden sein. "The Verge"-Autor Michael Zelenko konnte gemeinsam mit Hotz eine Testfahrt auf der Interstate 15 absolvieren, die von Las Vegas nach Los Angeles führt. Der Wagen hatte nach Darstellung Zelenkos zwar keine Probleme, die Spur zu halten. Teilweise sei er aber zu schnell in die Kurven gefahren, sodass Hotz selbst ans Lenkrad greifen und die Kontrolle übernehmen musste. Zudem orientiere sich das System noch zu sehr am davor fahrenden Auto und neige dazu, diesem zu folgen. "Abgesehen von ein paar brenzligen Situationen habe ich mich sicher gefühlt", lautet Zelenkos Fazit der Testfahrt.

Abgesehen davon muss das System aber noch viele Herausforderungen meistern, bis es tatsächlich auf den Straßenverkehr losgelassen werden kann. So hat es laut Hotz noch Probleme damit, stillstehende Fahrzeuge zu erkennen. Es kann noch keinen Spurwechsel durchführen, und auch Verkehrsschilder und Ampeln werden noch nicht berücksichtigt. "Angesichts dessen, dass es das Unternehmen erst seit zehn Monaten gibt, hat Comma.ai ein ziemlich beeindruckendes System entwickelt", so Zelenko.

Eine andere Frage ist die Straßenzulassung für das System. Im Dezember war Hotz eine Verfügung des kalifornischen Verkehrsamts ins Haus geflattert, nachdem er ein Video einer Fahrt in seinem umgebauten Roboterauto auf der Straße gezeigt hatte. (red, 7.6.2016)