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Anschlag im Morgenverkehr: Eine Autobombe zerstörte einen Bus der türkischen Polizei im Zentrum Istanbuls. Die Beamten waren auf dem Weg zu einer Universität, wo Prüfungen angesetzt waren.

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Dieser Anschlag könne nicht vergeben werden, erklärte der türkische Präsident Tayyip Erdoğan.

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Istanbul/Athen – Die Wucht der Explosion katapultierte den Dienstbus der Polizisten auf den grünen Mittelstreifen der Sehzadebasi-Straße im Zentrum von Istanbul. Sieben Beamte und vier Zivilisten starben bei dem Anschlag am Dienstagmorgen in der türkischen Wirtschaftsmetropole. 36 Menschen wurden verletzt, drei davon schwer. Vier Verdächtige wurden festgenommen. Es war der mindestens vierte Terroranschlag in Istanbul seit Jahresbeginn. Das Außenamt in Wien erneuerte seine partielle Reisewarnung für die Türkei.

Touristen kommen in normalen Zeiten auch in die Sehzadebasi-Straße im Stadtteil Fatih. Die Sehzade-Moschee, eine der größten in Istanbul, liegt dort an der Straße. Die Explosion eines mit einem Sprengsatz beladenen Wagens ließ am Dienstag die Glasscheiben der alten Moschee bersten. Der Anschlag ereignete sich wenige Meter vor dem Eingang zur U-Bahn-Station Vezneciler und unweit der Stadtverwaltung von Istanbul, die ebenfalls an der breiten Straße liegt. Die Polizisten waren unterwegs zur nahen Istanbul-Universität. Dort sollten am Dienstag Prüfungen abgehalten werden.

Tayyip Erdoğan fährt zu Mittag vor einem der Spitäler vor, in denen die Verletzten behandelt werden. Eine Stunde lang bleibt die Limousine des türkischen Präsidenten vor der Notaufnahme geparkt. Nach den rassistischen Ausfällen gegen türkischstämmige deutsche Politiker und neuen sexistischen Äußerungen gegenüber den "halben Frauen", die einer Berufskarriere wegen auf das Gebären von Kindern verzichten, gibt sich Erdoğan nun als sorgendes Staatsoberhaupt. Er teilt den Stand der Dinge bei der Versorgung der Terroropfer mit. Dann deutet Erdoğan auf die kurdische Untergrundarmee PKK als Verantwortliche des jüngsten Anschlags hin.

Anschlagserie seit einem Jahr

"Es ist nicht neu, dass die Terrororganisation ihre Angriffe auf die Städte ausweitet", sagt der Staatschef in die Kameras. Dieser Anschlag könne nicht vergeben werden, man könne auch nie wissen, wo und wann der nächste komme, erklärt der Staatschef und markiert Entschlossenheit gegen den Terrorismus, der sein Land nun seit einem Jahr wieder fest im Griff hat: "Dieser Kampf, der mit dem ersten Menschen begonnen hat, wird bis in alle Ewigkeit weitergehen."

Noch am Dienstagmorgen erliegt ein weiterer türkischer Polizist seinen Schussverletzungen. Bewaffnete Angreifer hatten am Sonntag in der Schwarzmeerprovinz Gümüshane auf ein Fahrzeug der Gendarmerie gefeuert und dabei einen der Beamten gleich getötet, den anderen verletzt.

Der Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) war im Sommer vergangenen Jahres zusammengebrochen. Junge Sympathisanten und Anhänger der PKK in den mehrheitlich kurdischen Städten im Südosten der Türkei begannen daraufhin, sich gegen Polizei und Armee zu verschanzen. Den monatelangen Krieg in den Städten entschied die Armee mit Gewalt mittlerweile für sich. Bombenanschläge gegen die Sicherheitskräfte sind aber auf der Tagesordnung. Zugleich verübt auch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) Anschläge in Istanbul und Ankara. (Markus Bernath, 7.6.2016)