Er könne nicht länger schweigen, sagt der langjährige ÖVP-Abgeordnete und Exgeneralsekretär im Gespräch mit dem STANDARD: "Wir haben hier einen Minister, der in Wortwahl und Stil agiert wie ein Oppositionspolitiker. So kann man nicht agieren", sagt Ferry Maier. Seine Forderung, Flüchtlinge auf der griechischen Insel Lesbos zu internieren, habe er nur den Medien kommuniziert – den Europäischen Außenministerrat oder andere EU-Gremien habe er gar nicht damit befasst. Maier: "So kann man von der Oppositionsbank aus agieren, aber sicher nicht als Außenminister eines EU-Landes." Kurz beschädige EU-weit "das Profil der ÖVP als Europapartei".
Der nunmehrige Generalsekretär des Vereins Österreich hilft, der als die rechte Hand von Flüchtlingskoordinator Christian Konrad gilt, hat Kurz schon einmal kritisiert – im Dezember 2015 warf er ihm vor, als Integrationsminister nur "bürokratische Pläne" zu erstellen, aber tatsächlich nichts für die Integration von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zu tun.
Kurz mache FPÖ-Politik salonfähig
Nun verschärft Maier angesichts der Internierungspläne des Außenministers den Ton: "Man soll sich fragen, ob der Herr Minister noch christlich-soziale oder eher schon freiheitliche Politik macht." Kurz mache Strache mit solchen Ansagen salonfähig. Damit, so der Expolitiker, arbeite er auch jenen Kräften in der SPÖ in die Hände, die für eine rot-blaue Koalition eintreten – nicht für eine schwarz-blaue, das gehe sich womöglich rechnerisch gar nicht aus, wenn der Außenminister weiterhin so agiere. Denn eines, sagt Maier, sei aus seiner Sicht gewiss: "Solche Vorschläge wie der von Kurz machen Strache stark und die ÖVP schwach."
Die Bundespartei müsse sich auf ihre christlich-sozialen Grundwerte besinnen, sagt Maier: "Sofern sie noch welche hat." Es dürfe der ÖVP nicht egal sein, dass sogar der Vatikan auf den Kurz-Vorschlag empört reagiert habe. Eine Regierungspartei müsse völlig unaufgeregt die Situation von Millionen Menschen auf der Flucht diskutieren und Lösungen suchen, "die sicher nicht bedeuten, dass man alle aufnehmen kann". Dennoch: "Katastrophenszenarien zu malen und einen Notstand auszurufen ist völlig unangebracht." (Petra Stuiber, 7.6.2016)