Hans Peter Doskozil (SPÖ) beim Empfang seines ungarischen Amtskollegen Istvan Simicsko (links) mit militärischen Ehren im Rahmen eines offiziellen Gesprächs über die Flüchtlingskrise in Budapest am Donnerstag.

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Budapest/Wien – Trotz diplomatischer Anstrengungen von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) will Ungarn weiterhin keine Flüchtlinge von Österreich zurücknehmen, für die es laut Dublin-Regelung zuständig wäre. "Es ist eindeutig, dass Ungarn keine Migranten zurücknehmen wird und kann", sagte Doskozils Amtskollege Istvan Simicsko bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Donnerstag in Budapest.

Vereinbart wurde allerdings ein gemeinsames Treffen der Innen- und Verteidigungsminister Österreichs, Ungarns und Sloweniens "in den nächsten Wochen". Dabei solle es einerseits um die Sicherung der serbisch-ungarischen EU-Außengrenze gehen, sagte Doskozil. Zudem um den Umgang mit Asylsuchenden, "die inhaltlich negativ beschieden wurden oder wo es keine formale Zuständigkeit gibt".

Wieder Balkan-Flüchtlingskonferenz

Die Regierung plant nach Angaben eines Innenministeriumssprechers eine zweite Balkan-Konferenz zur Flüchtlingsfrage für Mitte Juli in Wien. Davor werden sich die Grenzpolizeichefs bzw. die Polizeichefs der beteiligten Länder – diesmal ist auch Griechenland eingeladen – in Ungarn und Österreich treffen, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck, am Donnerstag. Zunächst findet am 21. Juni ein Treffen der Grenzpolizeichefs statt, zu dem sowohl die Staaten des Ost- und Westbalkans als auch – neben Österreich – Griechenland und Deutschland eingeladen sind. Die Polizeichefs derselben Länder kommen am 30. Juni in Wien zusammen.

Mitte Juli findet dann die Konferenz, ebenfalls in Wien, statt. Auf der Agenda stehen laut Innenministerium die "gemeinsame Betrachtung des Status quo", eine Analyse der Lage und die "Frage von allfälligen Maßnahmen".

"Skeptisch, was Dublin-Verordnung betrifft"

Überraschend deutliche Kritik übte Verteidigungsminister Doskozil am Donnerstag in Budapest auch an der sogenannten Dublin-Verordnung, wonach jenes Land für die Bearbeitung eines Asylgesuches zuständig ist, wo Schutzsuchende erstmals europäischen Boden betreten haben. "Ich bin sehr skeptisch, was die Dublin-Verordnung betrifft", erklärte Doskozil in Budapest. "Es ist evident, dass Länder an der EU-Außengrenze nicht alle Verfahren führen können."

Laut Angaben des Verteidigungsministerium, die auch von Zahlen des UNO-Flüchtlingshochkommissariats UNHCR bestätigt werden, erreichten zuletzt rund 150 Migranten täglich über Mazedonien und Bulgarien, Serbien und Ungarn, Österreich – großteils mit Hilfe von Schleppern. Rund 70 Prozent von ihnen sind nach Angaben des Verteidigungsministeriums dort bereits von den Behörden registriert worden. Damit können sie laut der sogenannten Dublin-Richtlinie aus Österreich wieder nach Ungarn "rückgeführt" werden, weil sie dort nachweislich erstmals europäischen Boden betraten.

In Folge eines Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom September 2015 schiebt Österreich aktuell jedoch keine Asylwerber ins Nachbarland zurück. Das will die Regierung nun ändern und betreibt deshalb Lobbying-Arbeit in Budapest. Neben Doskozil soll im Juni auch eine Delegation des Innenministeriums nach Ungarn reisen. (APA, 9.6.2016)