Wien – Die Zahlungsmoral in Österreich ist vergleichsweise sehr gut. "Da sind wir in einer Liga mit Skandinavien, den Besten", sagt Johannes Eibl vom Kreditschutzverband von 1870 dem STANDARD. Probleme gebe es insbesondere bei kleineren Unternehmen, wenn es um rasches Ausstellen von Rechnungen geht und um das Eintreiben offener Forderungen.

Das hat Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, schon vor Jahren erfahren. "Rechnungen wurden zu spät ausgestellt, Rechtsbeistand ist zu spät angefordert worden, alles zu spät." Er habe sich gedacht, "ich kann das besser machen, in einem durch und stringent", erinnert sich der Rechtsanwalt. Vor elf Jahren gründete Hauser das Inkassobüro Encash. Das ungute Gefühl sei geblieben.

"Es ist in Österreich nicht sexy, Geld zu kassieren", konstatiert Hauser. Dieser Eindruck dränge sich auf, wenn man sich die gelebte Praxis in Österreich zu Gemüte führe. Während es in der Schweiz, im protestantischen Teil Deutschlands, in den Niederlanden oder Großbritannien selbstverständlich sei, eine Rechnung sofort nach Leistungserbringung zu stellen, geschehe dies in Österreich nicht selten erst Wochen, wenn nicht Monate später, im Extremfall sogar Jahre.

Einbringlichkeit sinkt extrem

Je länger es aber dauere, desto größer sei die Gefahr, dass offene Forderungen uneinbringlich werden – weil der Kunde möglicherweise zahlungsunfähig ist, mittlerweile verzogen oder der Fall verjährt ist. Hauser: "Die Einbringlichkeit sinkt nach sechs Monaten rapid, nach 1,5 Jahren extrem."

Hauser fordert, dass schon in der Ausbildung mehr Augenmerk auf das Forderungsmanagement gelegt wird. "Das hat nichts mit dem Schuldeneintreiben von früher zu tun, das ist eine hochnotwendige, hochkomplexe Angelegenheit", sagt Hauser. "Das gehört in professionelle Hand." Zu groß sei die Gefahr, dass Kleinunternehmen, aber nicht nur, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten durch Forderungsausfälle in eine finanzielle Schieflage geraten. (Günther Strobl, 10.6.2016)