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Dass Frauen in den Führungsetagen nach wie vor die Ausnahme sind, ist bekannt. Um das zu ändern, gilt es, das immer wieder zum Thema zu machen, immer wieder mögliche Wege zu skizzieren und Maßnahmen zu diskutieren: für die Einzelne, für die Gesellschaft. Getan wurde das zuletzt etwa in Wien im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Leadership Revisited" von Heitger Consulting und der Vienna Consulting Group. Um von ihrem eigenen erfolgreichen Weg an die Spitze zu berichten, war Monika Sebold-Bender geladen, Vorstandsmitglied der Generali Deutschland AG mit 13.000 Mitarbeitern.

An diesem Montag erzählte die Top-Managerin, wie sie dorthin kam, wo sie heute ist. Dem überwiegend weiblichen Publikum wurde schnell klar: Es war und ist eine Karriere mit vielen Hürden und Kompromissen. So schilderte Sebold-Bender eine Begegnung in ihrem konservativen Heimatort: "So schiach bist du auch nicht, Monika, wir finden schon einen Mann für dich, du musst nicht studieren", habe ein Nachbar zu der damals 17-Jährigen gesagt.

Steile Karriere trotz Vorurteile

Studiert hat die Bayerin dennoch – und zwar Volkswirtschaftslehre in München. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als Uni-Assistentin, anschließend als Beraterin, um später in die Versicherungswirtschaft einzusteigen. Von AXA Direkt über die Westfälische Provinzial, die Allianz SE und Europ Assistance ging es zur Generali Deutschland – wo Sebold-Bender seit vier Jahren im Vorstand ist, seit dem Vorjahr Country Chief P&C Officer.

Auch als Erwachsene sei sie damit konfrontiert worden, dass man ihr etwas als Frau nicht zutraut, sagt Sebold-Bender. "Meine Bewerbungen wurden hundertmal abgelehnt" – mit und ohne Sohn im Lebenslauf. Jungen Frauen rät die Managerin, "immer wieder aufzustehen und zu zeigen: Hier bin ich." Wer trotzdem keine Chance sieht aufzusteigen, solle das Unternehmen wechseln. "Man kann als Einzelne nicht das System verändern."

Weil es diesen "Unconscious Bias", diese unbewusste Voreingenommenheit gegenüber Frauen, gibt, hält die Managerin auch die Quote für eine gute Maßnahme. "Das Einzige, das hilft, Frauen in Führungspositionen zu haben, ist, ihnen diese zu geben."

Mehr Selbstvertrauen!

Momentan blockierten männliche Seilschaften weibliche Karriereambitionen. "Es werden auch nicht immer die besten Männer ausgewählt", sondern eben jene mit den richtigen Kontakten. Solche Netzwerke, auch in die oberen Entscheidungsebenen, sollten Frauen stärker bilden – und bewusst nutzen. Würden sie jemanden kennen, der einen Job zu vergeben hat, sollten sie nicht davor zurückschrecken, "an Türen zu klopfen und zu sagen: 'Ich will.' Nicht warten!"

An dieser Haltung fehle es Berufseinsteigerinnen nicht selten – Sebold-Bender will Mut machen: "Es macht Spaß, ein Unternehmen zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen." Essenziell sei jedoch, sich das selbst zuzutrauen. Denn wer daran glaubt, dass er etwas kann, werde darin positiv bestärkt. Ein Multiplikator des Erfolgs, sozusagen.

Gefragt, ob sie die Rolle des CEO übernehmen würde, sagt Sebold-Bender: "Ich traue mir das natürlich zu, weiß aber nicht, ob die deutsche Versicherungswirtschaft bereit ist." Dass Männer und Frauen anders führen, hält Sebold-Bender übrigens für eine unzulässige Verallgemeinerung. "Da wird zu viel hineininterpretiert", sagt die Managerin. Wenn es darum geht, Entscheidungen durchzusetzen und kritisches Feedback zu geben, könnten das Chefinnen oft sogar besser.

Mann in der zweiten Reihe

Dass ihre steile Karriere mit einer Familie vereinbar war, dazu habe auch der richtige Partner beigetragen, sagt Sebold-Bender: "Mein Mann hat die Rolle des Erziehers übernommen." Sie habe dafür lernen müssen, sich vom Idealbild der Vollzeitmutter zu verabschieden, sich einzulassen, loszulassen. Dazu gehörte, "nicht enttäuscht zu sein, wenn unser Sohn mit Problemen zum Papa geht". Belohnt wurde sie mit einem emanzipierten Sohn. "Als er noch klein war, hat er einmal zu meinem Mann gesagt: "Gell, Papa, wir sind wirklich toughe Typen, wir könnten die Präsidentin von Amerika heiraten, und es würde uns nichts ausmachen."

Frauenkarrieren sind also ebenso Koproduktionen. Und hinter so manchen erfolgreichen Frauen stehen offenbar Männer, die bereit sind, die Rolle des Ernährers abzugeben – oder sie sich zumindest zu teilen. Ob es von diesen Männern künftig mehr geben wird? Sebold-Bender ist zuversichtlich. (Lisa Breit, 14.6.2016)